Dieser Trend scheint sich 2018 noch verstärkt fortzusetzen, wie die bislang bekannten vorläufigen Entgelte zeigen. Aktuell haben 612 der 712 Netzbetreiber ihre Preisblätter veröffentlicht, die rund 96 Prozent der gasbelieferten Postorte abdecken. Dies betrifft insgesamt 10.271 Postleitzahl-Ort-Tarifgebiet-Kombinationen. Im nach Netzgröße gewichteten Schnitt sinken die Entgelte für den betrachteten Musterhaushalt um ‑4 Prozent, der spezifische Arbeitspreis wird demnach 1,57 ct/kWh betragen.
Auch kleinere Haushalte (7.000 kWh/a, 6 kW) werden nach Auswertung der ene't Datenbank Netznutzung Gas voraussichtlich entlastet und 2018 mit 144 Euro/Jahr ‑4,1 Prozent weniger Gebühren entrichten. Ähnlich stellt es sich für Gewerbetreibende dar, denen bei einem Verbrauch von 200.000 kWh (125 kW Leistung) 2.421,36 Euro/Jahr (-4 Prozent) berechnet werden. Noch deutlicher werden leistungsgemessene Gewerbekunden in der Mitteldruckstufe entlastet, bei 5.000.000 kWh (1.450 kW) ergibt sich eine Ersparnis von ‑2.437,21 Euro/Jahr bzw. ‑6 Prozent (Werte jeweils arithmetisch ermittelt).
Veränderung der Netznutzungsentgelte Gas 2018 (vorläufig) in Prozent
Abnahmefall: Haushalt, Niederdruck, SLP, 20.000 kWh Jahresverbrauch
Die stärksten Nachlässe erwarten den Musterhaushalt im Stammnetz der Schleswig-Holstein Netz, wo die spezifischen Entgelte um ‑23,4 Prozent auf 1,30 ct/kWh sinken werden. Auch im Teilnetz Spreegas der Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg lässt sich durch die Anpassung der Entgelte an das restliche Netz eine deutliche Senkung um ‑20,9 Prozent auf 1,22 ct/kWh feststellen, im gesamten NBB-Netz reduzieren sich die Entgelte somit um ‑6,5 Prozent auf 1,22 ct/kWh. Ähnliches lässt sich bei Westfalen Weser Netz (-20,3 Prozent auf 1,40 ct/kWh) und bei der Prignitzer PVU (-20,1 Prozent auf 1,30 ct/kWh) beobachten. Insgesamt sinken in 6.887 Postort-Tarifgebiet-Kombinationen die Durchleitungsgebühren, davon in 2.427 um mehr als 10 Prozent. In 103 Postorten bleiben die Entgelte vorläufig unverändert. Die niedrigsten angepassten Preise rufen im kommenden Jahr die Stadtwerke Neuenhaus (0,74 ct/kWh) und Lingen (0,79 ct/kWh) auf, aber auch die Energienetze Bayern mit Sitz in München bleiben im Marktgebiet Südbayern unter einem Cent (-7,16 Prozent auf 0,97 Ct/kWh).
Natürlich finden sich auch Tarifgebiete, in denen die Entgelte steigen werden. Diese verteilen sich nahezu über das gesamte Bundesgebiet, konzentrieren sich aber im östlichen Bayern, in Thüringen, Baden-Württemberg und Teilen Hessens und Nordrhein-Westfalens. Umso wichtiger stellt sich für Gasvertriebe die Aufgabe, netzscharf zu kalkulieren. Mit Erhöhungen von mehr als 30 Prozent müssen Gasabnehmer wie Vertriebe in den Netzen der Stadtwerke Ditzingen, AVG Aschaffenburg, Stadtwerke Wedel (die jedoch beide preislich noch unter dem Bundesdurchschnitt liegen) und Klingenberg rechnen. In 1.057 Postorten steigt der spezifische Kilowattstundenpreis um mehr als 10 Prozent. Die teuersten neu veröffentlichten Durchleitungsgebühren erheben nach aktuellem Stand die Stadtwerke Havelberg (unverändert 2,99 ct/kWh), gefolgt von der MVV Netze (+0,8 Prozent auf 2,72 ct/kWh), E.DIS Netz (-5,3 Prozent auf 2,85 ct/kWh), Stadtwerke Weißwasser (+15,1 Prozent auf 2,64 ct/kWh) sowie Erdgas Mittelsachsen (+11 Prozent auf 2,56 ct/kWh).
Allerdings sind diese Preisentwicklungen noch mit Vorsicht zu genießen. Zum einen sind die bislang veröffentlichten Preisblätter allesamt als „vorläufig“ gekennzeichnet und stehen somit unter dem Vorbehalt einer Anpassung zum Jahreswechsel. Zum anderen gibt es Unsicherheiten über die bereits eingepreisten Entgelte der vorgelagerten Fernleitungsnetzbetreiber. Denn nach einer mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf hatte die Beschlusskammer 9 der Bundesnetzagentur mit sofortiger Wirkung die Festlegung BK9-13/607 aufgehoben. Diese hatte eine horizontale Kostenwälzung gemäß § 29 Abs. 1 EnWG in Verbindung mit § 30 Abs. 2 Nr. 10 GasNEV mit dem Ziel einer Entgeltharmonisierung festgelegt, die am 1. Januar 2018 hätte in Kraft treten sollen. Nach Informationen des Branchendienstes energate hatten Fluxys Deutschland, Gastransport Nord sowie Gazprom Export dagegen erfolgreich Beschwerde eingelegt.
Dies könnte zur Folge haben, dass die Fernleitungsnetzbetreiber ihre Transportentgelte neu kalkulieren müssen, was wiederum zu einer Verschiebung in den Preisen der Verteilnetzbetreiber führen könnte. Zumindest waren Ende September bereits die endgültigen bundeseinheitlichen Wälzungsbeträge für die Marktraumumstellung von L- auf H‑Gas (0,2587 EUR/kWh/h/a) und die Biogaseinspeisung (0,68443 EUR/kWh/h/a) für das Jahr 2018 veröffentlicht worden, die auf die Entgelte für Ausspeisepunkte verteilt werden.
Methodik: Alle Preise verstehen sich netto. Die Durchschnittswerte der Netzentgelte wurden nach Netzgröße (Anzahl der angeschlossenen Postorte) gewichtet. Ausnahme sind die als „arithmetisch“ gekennzeichneten Angaben. In den Berechnungen wurden nur Netzbetreiber berücksichtigt, die bereits ein vorläufiges Entgelt für 2018 bekannt gegeben haben. Der spezifische Kilowattstundenpreis setzt sich zusammen aus den Netzkosten (Arbeitspreis + auf die Jahresarbeit umgelegter Grundpreis) und den Messkosten (ebenfalls auf die Jahresarbeit umgelegt).