Dieser Sorge will die Bundesregierung mit der Ausgestaltung des § 14a EnWG entgegentreten. Dazu wurden präventive Instrumente diskutiert, die als Anreiz den finanziellen Aspekt in den Vordergrund stellen. Die Entscheidung fiel auf netzorientierte Eingriffe, die den Netzbetreibern eine neue Rolle auf dem Markt zukommen lässt. Der § 14a definiert steuerbare Einrichtungen und erlaubt somit unmittelbar eine schnellere Integration von Wärmepumpen und Elektroautos, indem sie eine Reduzierung der Netzentgelte für Verbraucher vorsieht, die steuerbare Einrichtungen nutzen, sofern sie mit dem Netzbetreiber eine entsprechende Vereinbarung treffen. Im Klartext bedeutet das für Netzbetreiber die Möglichkeit, steuerbare Einrichtungen vom Netz zu nehmen, um Engpässen in der Stromversorgung bzw. Netzüberlastungen zuvorkommen zu können. Für die Verbraucher wiederum ist die kurative Leistungsbegrenzung ein Anreiz, sparsam mit den vorhandenen Netzkapazitäten umzugehen.
Bis es soweit ist, erlaubt die getrennte Messung von unterbrechbaren Verbrauchern Energieversorgern schon heute, durch die Kalkulation mit reduzierten Entgelten attraktive Tarife zur ausschließlichen Nutzung für Lademöglichkeiten anzubieten. Gleichzeitig können auskömmliche Margen erwirtschaftet werden, sollte sich der aktuelle Trend zu sinkenden Beschaffungskosten stabilisieren.
Spezifische Fremdkosten für unterbrechbare Verbraucher der E‑Mobilität in ct/kWh
Abnahmefall: 2.250 kWh/Jahr, getrennte Messung nach § 14a EnWG
Eine Analyse von insgesamt 14.650 deutschen Postleitzahl-Ort-Kombinationen zeigt, wie sich die reduzierten Netzentgelte für steuerbare Verbrauchseinrichtungen gemäß § 14a auf die Tarife auswirken. Im Folgenden nehmen wir uns auch der Frage nach den erzielbaren Rohmargen dieser Tarife an. Als Abnahmefall dient ein Jahresverbrauch von 2.250 kWh, den ein durchschnittliches Elektrofahrzeug mit einem Verbrauch von 15 kWh je 100 Kilometer bei einer angenommenen Fahrleistung von 15.000 km benötigt.
Zunächst ist anzumerken, dass der jeweilige Hauptnetzbetreiber in 1.325 der ausgewerteten 14.650 Postorte keine gesonderten Entgelte für unterbrechbare Verbrauchseinrichtungen zur E‑Mobilität anbietet. Diese bleiben in den folgenden Berechnungen unberücksichtigt. Die durchschnittlichen Fremdkosten – also spezifische Netzentgelte, gesetzliche Umlagen und örtliche Konzessionsabgabe – liegen demnach deutschlandweit bei 7,07 ct/kWh. Mit 5,16 ct/kWh sind die niedrigsten Fremdkosten in Aalen im Netz der dortigen Stadtwerke verortet, die höchsten mit 16,88 ct/kWh in Altensteig, ebenfalls im Netz der ansässigen Stadtwerke. Beide liegen in Baden-Württemberg, wo die durchschnittlichen Fremdkosten bei 8,18 ct/kWh liegen. Nur in Schleswig-Holstein sind die Fremdkosten im Schnitt höher angesiedelt (8,76 ct/kWh). Die niedrigsten Fremdkosten sind im Saarland mit durchschnittlich 5,74 ct/kWh zu finden, dicht gefolgt von Rheinland-Pfalz mit 5,79 ct/kWh und dem Stadtstaat Hamburg mit 5,87 ct/kWh. Die Spreizung der Fremdkosten liegt bei rund 227 Prozent.
Bei einer Analyse der jeweils günstigsten E‑Mobilitätstarife und der lokalen Fremdkosten in insgesamt 13.326 Postorten lassen sich ein spezifischer Arbeitspreis von durchschnittlich 26,36 ct je kWh und eine gemittelte Rohmarge von 19,29 ct/kWh errechnen. In 148 Postorten übersteigen die Preise 30 ct je kWh beim spezifischen Arbeitspreis, bleiben jedoch unterhalb der derzeit gültigen Strompreisbremse von 40 ct/kWh brutto. Auch die teuerste Preisstellung des Tarifs „grün.power Mobilstrom light“, die sich wenig überraschend in Altensteig findet, liegt mit einem spezifischen Arbeitspreis von 36,18 ct/kWh, aber 29,38 ct reinem Kilowattstundenpreis darunter. Der Tarif der grün.power GmbH führt aktuell die Tarif-Rankings in 13.267 Postorten an und dominiert damit den Markt für Wallbox-Tarife. Der Tarif scheint kostenbasiert kalkuliert zu sein, da er eine stabile Rohmarge von 19,29−19,30 ct/kWh erzielt, während sich die Arbeitspreise zwischen 24,46 und 36,18 ct/kWh bewegen.
Erzielbare Rohmarge für unterbrechbare Verbraucher der E‑Mobilität in ct/kWh
Abnahmefall: 2.250 kWh/Jahr, getrennte Messung nach § 14a EnWG, günstigster Tarif je Postort
Der Tarif „Heidjers ‚Ladestrom‘“ sticht in der Auswertung hervor, da die niedersächsischen Stadtwerke Schneverdingen-Neuenkirchen in ihrem Netz mit einem spezifischen Arbeitspreis in Höhe von 19,57 ct/kWh derzeit das günstigste Produkt deutschlandweit liefern. Gleichzeitig erzielt der Versorger mit 11,54 ct je kWh die niedrigste Rohmarge im Vergleich. Auch im benachbarten Soltau ist der „Ladestrom“-Tarif mit 21,84 ct/kWh recht günstig, erreicht aber mit 15,52 ct/kWh eine höhere Marge. Die besten Deckungsbeiträge lassen sich bei der niederrheinischen WEP Wärme‑, Energie- und Prozesstechnik GmbH im bundesweiten Vertrieb ermitteln. Im Netz der bayerischen EG Röthenbach liegt die Rohmarge des Tarifs „LandÖkostrom 2023 für Elektromobilität“ bei 25,19 Cent je Kilowattstunde. Trotz des hohen Arbeitspreises von 33,42 ct/kWh stellt der Tarif dort das günstigste Angebot für die heimische Wallbox dar. Auch die Städtische Werke AG aus Kassel erzielt in diesem Netz mit dem Tarif „Herkules Strom plus emobil (mit Zähler)“ in der Ortschaft Maierhöfen eine hohe Marge von 22,22 ct/kWh (Arbeitspreis 30,45 ct/kWh).
Die Spreizung der Arbeitspreise liegt mit 84,9 Prozent eher gering, wenn man sie mit den Abweichungen der Fremdkosten vergleicht. Dies könnte auf einen starken Wettbewerbsdruck hindeuten. Die Rohmargen weichen mit 118,3 Prozent deutlicher ab, was einzelne Vertriebsgebiete möglicherweise attraktiver macht. Regionale Unterschiede fallen dagegen weniger ins Gewicht, wie auch der Blick auf die Deutschlandkarte zeigt.
In den Tarifangeboten für steuerbare Verbrauchseinrichtungen ist wie in anderen Sonderprodukten auch, eine hohe Volatilität zu beobachten. Stromkunden können in den meisten Versorgungsgebieten zwischen attraktiven Tarifen wählen, müssen dafür aber teils auch starke Komforteinschränkungen in Kauf nehmen. Es gibt beispielsweise Verteilnetzbetreiber, bei denen der Kunde vorab festlegen muss, ob er sein Fahrzeug nachts oder tagsüber aufladen möchte. Zu anderen Zeiten bleibt der Anschluss dann gesperrt. Ob dies geeignet ist, die Akzeptanz gegenüber zukünftigen dynamischen Eingriffen zu erhöhen, kann man wahrscheinlich kritisch hinterfragen. Ohne einen flächendeckenden Rollout von Smart Metern bleibt dies derzeit aber ohnehin Zukunftsmusik.
Methodik: Alle Preisangaben verstehen sich netto. Sofern im Text nicht anders angegeben, ist mit dem Arbeitspreis der spezifische Arbeitspreis (Arbeitspreis zuzüglich dem auf die Jahresarbeit umgelegten Grundpreis) gemeint. Errechnete Durchschnittspreise wurden nach betroffenen Postleitzahl-Ort-Kombinationen (synonym Postorte) gewichtet. Betrachtet wurden nur Hauptnetzbetreiber. Abnahmefall ist ein Jahresverbrauch von 2.250 kWh, Kundengruppe Privathaushalt/Elektromobilität, getrennte Messung, unterbrechbare Verbrauchseinrichtung gemäß § 14a EnWG. Boni wurden nicht berücksichtigt. Datenbankstand: 10.05.2023
Besuchen Sie uns auf der E‑world 2023
Schauen Sie doch auf der diesjährigen E‑world energy & water zwischen dem 23. und 25. Mai 2023 an unserem neuen Standplatz 315 in Halle 1 vorbei. Gerne sprechen wir mit Ihnen darüber, wie unsere Lösungen für die Elektromobilität Ihr Alltagsgeschäft unterstützen können. Auf unserer Website unter www.enet.eu/eworld können Sie vorab einen Wunschtermin für ein Gespräch vereinbaren.