Die ebenfalls wiederholt veröffentlichten Prognosen teils starker Preissteigerungen von mehr als 7 Prozent sind dagegen mit Vorsicht zu genießen. Zwar lässt sich bei der undifferenzierten Betrachtung nur jener Grundversorger, die ihre Tarife zum 1. Januar anpassen (einschließlich Grundversorger-Wechsel), im Schnitt eine Erhöhung der Preise um +7 Prozent von 1.150,60 Euro auf 1.231,06 Euro errechnen. Dies betrifft allerdings nur 2.221 bzw. 20,2 Prozent aller gasversorgten Postleitzahl-Ort-Kombinationen. Somit wird die Realität nur tendenziös abgebildet, bleiben die Preise zum 1.1. doch in rund 80 Prozent der gasversorgten Haushalte unverändert.
Der Berechnung liegt der Abnahmefall eines Familienhaushalts mit einem Jahresbedarf von 20.000 kWh zugrunde, der laut Monitoringbericht 2018 der Bundesnetzagentur einen durchschnittlichen Gasverbrauch darstellt. Bei Errechnung eines gewichteten Durchschnittspreises, der die tatsächliche Größe der einzelnen Versorgungsgebiete berücksichtigt, ergeben sich für 2019 andere Zahlen. Im bundesdeutschen Durchschnitt steigen die Kosten nur moderat um 1,4 Prozent von 1.173,36 auf 1.189,57 Euro, auch wenn es lokal deutliche Unterschiede geben kann.
Die stärkste prozentuale Erhöhung findet sich im „Tarif G46“ der Stadtwerke Vlotho in Nordrhein-Westfalen, der um +21,3 Prozent auf 1.115,20 Euro steigt. Damit liegen die jährlichen kosten allerdings noch unter dem gewichteten Bundesdurchschnitt. Deutliche Erhöhungen nehmen auch die Stadtwerke Bad Friedrichshall in Baden-Württemberg (+21 % auf 1.177,04 Euro) vor, deren Preise damit ebenfalls unter dem Mittel bleiben. Anders zeigt es sich bei den Gemeindewerken Baiersbronn (Baden-Württemberg), die den Grundversorgungspreis um 20,8 Prozent bzw. 250 Euro auf 1.450 Euro anheben. Dies stellt auch die höchste absolute Steigerung aller Versorger dar.
In weiteren 278 Postorten steigen die Kosten für die Gasgrundversorgung um 10 Prozent oder mehr. Darunter finden sich unter anderem die Liefergebiete der Heilbronner Versorgung, SW Schleswig, SW Heide, EV Sylt, SW Lindau, SW Bamberg, infra fürth, VB Elbe (Mecklenburg-Vorpommern), SW Herford, SW Ratingen, SW Göttingen, SW Neuwied, EVI Hildesheim, EV Selb-Marktredwitz, SW Lengerich, SW Schaumburg-Lippe, SW Schwäbisch Hall, enwag (Wetzlar), SW Gotha, EV Leverkusen, WVV Würzburg, SW Quickborn und der Gasversorgung Dessau. Dort sind jeweils mindestens 5 Postorte von den Erhöhungen betroffen. Insgesamt steigen die Preise in 2.069 Postorten ohne Grundversorgerwechsel. Für den Wettbewerb dürften die betroffenen Gebiete im kommenden Jahr attraktive Vertriebschancen eröffnen.
Preisänderungen in der Grundversorgung zum 1. Januar 2019
Abnahmefall: Haushalt, SLP, 20.000 kWh/Jahr
Am anderen Ende der Skala lassen sich auch Reduzierungen beobachten. Gaskunden der Stadtwerke Leipzig profitieren von der deutlichsten Preissenkung im Tarif „L‑Gas.basis“ um ‑15,1 Prozent auf 1.221 Euro pro Jahr. Die Reduzierung um ‑216,40 Euro stellt auch die höchste absolute Senkung dar. Insgesamt verringern aber nur sehr wenige Versorger die Preise, nur in 56 Postorten ohne Versorgerwechseln lässt sich eine Ersparnis beobachten. Darunter fallen Liefergebiete der Stadtwerke Neustadt an der Orla (Thüringen) oder der RhönEnergie (Fulda und Osthessen).
Weitere Preisänderungen ergeben sich 2019 außerdem durch die turnusgemäße Feststellung des angestammten Versorgers in den einzelnen Netzgebieten. Gemäß § 36 Abs. 2 EnWG wird der zuständige Grundversorger alle drei Jahre zum 1. Juli neu ermittelt. Das Unternehmen, das am Stichtag die meisten Haushaltskunden in einem Netzgebiet beliefert, ist in den folgenden drei Jahren Grundversorger. Davon sind im nächsten Jahr insgesamt 90 Postorte betroffen.
Gasabnehmer, die 2019 im sächsischen Löbau in die Grundversorgung wechseln, profitieren vom Übergang der Zuständigkeit von der ENSO zu den Stadtwerken Löbau, wo mit 1.112 Euro ‑5,6 Prozent niedrigere Kosten in Rechnung gestellt werden. Auch in zwei mittelsächsischen Kommunen ändert sich der Grundversorger, statt MITGAS werden die Stadtwerke Döbeln angestammter Lieferant (1.318,85 Euro, ‑4,5 %). Die Stadtwerke Speyer gewinnen zwei rheinland-pfälzische Postorte zum Versorgungsgebiet hinzu (1.193 Euro, ‑2,9 %).
Auf der anderen Seite kann der Versorgerwechsel auch mit höheren Preisen verbunden sein. Mit +40 Prozent bzw. +339,28 Euro ist die Änderung im bayerischen Olching besonders deutlich, wo Energie Südbayern die bisher angestammte SWM Versorgung ablöst. Allerdings war der Preis dort bisher besonders niedrig und bewegt sich nun auf durchschnittlichem Niveau. In den Fällen eines solchen Wechsels sind Bestandskunden jedoch nicht betroffen, denn in § 36 Abs. 3 EnWG ist geregelt, dass die mit dem bisherigen Grundversorger geschlossenen Lieferverträge bestehen bleiben. Nur für neue Gaskunden (z. B. durch einen Umzug oder Insolvenz des bisherigen Lieferanten) gelten die neuen Konditionen des zukünftigen Lieferanten.
Die günstigsten Grundversorgungspreise für den betrachteten Abnahmefall finden sich 2019 unverändert bei den Stadtwerken Barmstedt (Schleswig-Holstein). Im Tarif „XtraGas Grundversorgung“ werden 895,44 Euro fällig. Ähnlich günstig werden Abnehmer von den Stadtwerken Bönnigheim (Baden-Württemberg, unverändert 897 :Euro) und Baden-Baden (897,60 Euro) beliefert. In weiteren 160 Postorten fallen jährliche Kosten unter 1.000 Euro an, darunter Liefergebiete der SW Neuenhaus, PVU Prignitz, GV Hoya, SW Buxtehude, Bad Honnef AG und SW Norderstedt.
Preisniveau in der Grundversorgung ab dem 1. Januar 2019
Abnahmefall: Haushalt, SLP, 20.000 kWh/Jahr
Preise über 1.500 Euro und damit weit über dem Durchschnitt müssen Gaskunden in 159 Postorten entrichten. Darunter finden sich unter anderem die angestammten Gebiete der SW Schwerin, SW Gotha, Werraenergie (Thüringen), GV Dessau und der rhenag (NRW). Spitzenreiter ist dabei die Energieversorgung Apolda in Thüringen. Nach einer Erhöhung um +6,3 Prozent werden dort 1.843,20 Euro für die Gasbelieferung berechnet, und damit 105,8 Prozent mehr als beim günstigsten Grundversorger aus Barmstedt.
Methodik: Der Auswertung liegen die veröffentlichten Preise von 276 der 709 Grundversorger im Bundesgebiet (38,9 %) bzw. 488 von 1.583 Tarifen (30,8 %) zugrunde. Dies betrifft 20,2 Prozent des gasversorgten bundesdeutschen Gebiets. Verglichen wurden die Preise mit Gültigkeit 31.12.2018 und 1.1.2019. Alle Preisangaben verstehen sich netto. Der durchschnittliche spezifische Arbeitspreis der Grundversorgung wurde nach Zahl der versorgten Postleitzahl-Ort-Kombinationen (synonym „Postorte“) gewichtet. Betrachtet wurde nur das Hauptnetz in einem Postort. Der Kilowattstundenpreis setzt sich zusammen aus dem Arbeitspreis und dem auf die Jahresarbeit umgelegten Grundpreis. Vorausgesetzt wurde ein G4-Zähler.
In der ursprünglichen Version des Newsletters wurde für das Liefergebiet der e‑rp Alzey fälschlich ein Preisanstieg von +12,4 Prozent durch den Wechsel der Grundversorgung zur EWR in Worms genannt. Tatsächlich ist die e‑rp zum 01.12.2018 in der EWR Worms aufgegangen; die Lieferkonditionen in den betroffenen Postorten bleiben jedoch unverändert. Wir bitten, das Versehen zu entschuldigen.