Grund für die steigenden Stromkosten dürften aber nicht nur die gestiegenen Netzkosten sein. Im Oktober wurde ebenfalls bekannt, dass die EEG-Umlage den Strompreis im kommenden Jahr mit 6,756 ct/kWh und damit um 5,5 Prozent mehr belasten wird. Die EEG-Umlage soll den Ausbau von erneuerbaren Energien finanziell unterstützen.
Zusammen mit den Transportkosten fließen die gesetzlichen Umlagen in die Grundversorgungstarife mit ein. Rund sechs Wochen vor Jahresende müssen die Stromanbieter ihre Tarife für das kommende Jahr bekanntgeben. Die Grundversorgung stellt immer das Unternehmen bereit, das in einem Netzgebiet die meisten Haushaltskunden im Niederspannungsbereich beliefert. Der zuständige Grundversorger wird alle drei Jahre neu bestimmt.
Nur ein Versorger senkt den Preis
Eine Beispielauswertung für einen durchschnittlichen bundesdeutschen Familienhaushalt mit einem jährlichen Stromverbrauch von 3.500 kWh zeigt für 2020 eine Mehrbelastung von 46,93 Euro. Familien in der Grundversorgung zahlen damit künftig rund 5,0 Prozent mehr als noch im vergangenen Jahr.
Dieser Auswertung liegen 2.739 erfasste Postorte von insgesamt 14.937 Postorten zugrunde. Dies entspricht einer Gebietsabdeckung von ca. 18 Prozent. Von insgesamt 832 Grundversorgern wurden inzwischen 395 erfasst. Dies ist ein Prozentsatz von 47,5 Prozent. Von 838 erfassten Grundversorgungstarifen haben nach aktuellem Stand 312 Versorger Preisänderungen angekündigt, also etwa 37 Prozent. Nahezu alle Preiskurven zeigen nach oben.
Die stärkste Erhöhung erwartet Kunden der Stadtwerke Windsbach in Bayern. Dort steigt die jährliche Mehrbelastung für Familienhaushalte um 188,19 Euro. Dies entspricht einer Erhöhung von 19,3 Prozent (Tarif: Grund- und Ersatzversorgung). Zukünftig tiefer in die Tasche greifen müssen auch Familienhaushalte der Licht- und Kraftwerke Helmbrechts GmbH, ebenfalls in Bayern. Hier zahlen Familien künftig 126,64 Euro mehr für ihren Grundversorgungstarif. Dies ist ein Plus von rund 13 Prozent (Tarif: Grund- und Ersatzversorgung). Ebenfalls teurer wird es für Kunden der Elektrizitätsgesellschaft Levern eG (Nordrhein-Westfalen). Im neuen Jahr steigt der Grundversorgungpreis dort um 114,50 Euro an, was im Vergleich zum Vorjahr 13,5 Prozent mehr sind (Tarif: Levern Strom).
Preissenkungen für das kommende Jahr sind in Deutschland kaum zu beobachten. Lediglich Kunden der Gemeindewerke Cadolzburg (Bayern) dürfen sich über einen niedrigeren Grundversorgungspreis freuen: Hier sinken die jährlichen Kosten der Grundversorgung – allerdings nur um ‑3,05 Euro und damit ‑0,3 Prozent (Tarif: Grundversorgung). Dieser Grundversorger ist der einzige, der bislang eine Preissenkung angekündigt hat.
Preisänderungen in der Grundversorgung zum 1. Januar 2020
Abnahmefall: Haushalt, SLP, 3.500 kWh/Jahr
Erhöhungen in Bundesländern eher moderat
Auch bei der regionalen Betrachtung der 16 deutschen Bundesländer zeigen sich Preiserhöhungen. Allerdings fallen die durchschnittlichen Preiserhöhungen größtenteils moderat aus und liegen alle unter dem gesamtdeutschen Mittelwert. Für Grundversorgungskunden aus Berlin und Hamburg bleibt der Strompreis sogar gleich: Hier wurden bisher keine Änderungen angekündigt.
Die größte Preissteigerung erwartet Kunden der Grundversorgung im Saarland. Hier steigt der durchschnittliche Strompreis für Familienhaushalte um 43,24 Euro, bzw. 4,5 Prozent auf jährlich 991,95 Euro. Auch Familien aus Sachsen müssen zukünftig etwas tiefer in die Tasche greifen, wenn sie einen Grundversorgungstarif beziehen. Hier steigt der Preis durchschnittlich um 23,84 Euro und damit um 2,6 Prozent auf jährlich 947,25 Euro.
Nur geringe Preissteigerungen müssen Kunden in Bremen und Rheinland-Pfalz in Kauf nehmen. In beiden Bundesländern steigt der Preis um 0,1 Prozent: in Bremen um 0,84 Euro auf 875,96 Euro jährlich und in Rheinland-Pfalz um 1,08 Euro auf 931,81 Euro pro Jahr. Auch in Sachsen-Anhalt und Thüringen ist die Preissteigerung mit 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr nur sehr gering. In Sachsen-Anhalt zahlen Kunden zukünftig 1,66 Euro im Jahr mehr um damit insgesamt 974,86 Euro. In Thüringen fällt im Jahr 2020 ein jährliches Plus von 1,94 Euro an, was einen Gesamtpreis von 1024,98 Euro bedeutet.
Tabelle: Preisentwickung in den deutschen Bundesländern
Preisniveau in der Grundversorgung ab dem 1. Januar 2020
Abnahmefall: Haushalt, SLP, 3.500 kWh/Jahr
Kunden in der Grundversorgung zahlen in der Regel mehr, als in anderen Tarifen. Wer sich aktuell im Grundversorgungstarif eines Versorgers befindet, ist allerdings nicht gezwungen, diesen Tarif weiterhin zu beziehen. Bei Preiserhöhungen seitens des Versorgers dürfen Kunden ein Sonderkündigungsrecht in Anspruch nehmen und ihren Versorgungsvertrag innerhalb von 14 Tagen kündigen.
Nach den angekündigten Strompreissteigerungen bleibt nun abzuwarten, wie viele Stromkunden von diesem Recht Gebrauch machen und in einen günstigeren Tarif wechseln.
Methodik: Der Auswertung liegen die veröffentlichten Preise von 395 der 832 Grundversorger im Bundesgebiet (47,5 %) bzw. 312 von 832 Tarifen (37,5 %) zugrunde. Verglichen wurden die Preise mit Gültigkeit 01.01.2019 und 01.01.2020. Alle Preisangaben verstehen sich netto ohne Umsatzsteuer. Die Preise der Grundversorgung wurden nach der Zahl der versorgten Postleitzahl-Ort-Kombinationen (synonym „Postorte“) gewichtet. Der Kilowattstundenpreis setzt sich zusammen aus dem Arbeitspreis und dem auf die Jahresarbeit umgelegten Grundpreis. Vorausgesetzt wurde ein Eintarifzähler.