Die Entwicklung der vorläufigen Gasnetzentgelte ließ schon erahnen, dass auch die Grundversorgungspreise im Gas zum Jahreswechsel 2024/2025 einen kräftigen Aufwärtstrend erleben werden. Unter anderem hatten gestiegene Entgelte der vorgelagerten Fernleitungsnetzebene, gesunkene Abnahmemengen sowie verkürzte Abschreibungsmöglichkeiten für Verteilnetzanlagen nach der „KANU 2.0“-Festlegung je nach Abnahmefall für steigende Kosten von +20 bis rund +25 Prozent gesorgt (vgl. auch Newsletter NNG Nr. 077). Bis Mitte November mussten Grundversorger, die ihre Preise daraufhin zum 1. Januar 2025 anpassen möchten, ihre Tarifaktualisierungen veröffentlichen.
Insgesamt 230 Gasversorger machten von der Möglichkeit Gebrauch, sie beliefern rund 43 Prozent des gasversorgten Gebiets. Womöglich zu früh, denn erst an diesem Mittwoch wurde bekannt gegeben, dass die Gasspeicherumlage zum Jahresbeginn um +19,6 Prozent auf 0,299 ct/kWh steigt und weiteren Druck auf die Kalkulationen ausüben dürfte. Sorgen werden Gasvertrieben außerdem Medienberichte bereiten, nach denen sich durch KANU 2.0 noch bei weiteren Netzbetreibern deutliche Entgeltsteigerungen ergeben könnten.
Die neu veröffentlichten Tarife beinhalten deutliche Teuerungen für Privathaushalte. Ein Singlehaushalt mit einem Jahresverbrauch von 7.000 kWh zahlt ab 2025 durchschnittlich 946,64 Euro nach neuer Preisstellung (+9,2 %), ein Familienhaushalt mit 20.000 kWh 2.362,94 Euro (+6,0 %), was aber noch unter dem deutschlandweiten Durchschnitt liegt. Ein Gewerbebetrieb mit 200.000 kWh (125 kW Leistung) wird dagegen im Schnitt entlastet, mit 22.630,05 Euro muss er um ‑6,7 Prozent geringere Kosten tragen. Diese scheinbar unterschiedliche Entwicklung erklärt sich dadurch, dass viele Lieferanten, allen voran E.ON Energie Deutschland als größter Grundversorger, vornehmlich die Grundpreise erhöhen. Ein leicht sinkender Arbeitspreis senkt die Jahreskosten so erst bei hohen Verbräuchen, während Kleinverbraucher eher benachteiligt werden.
Prozentuale Veränderung in der Gasgrundversorgung zum 2025 gegenüber 2024
Abnahmefall: Familien-Haushalt, SLP, 20.000 kWh/a, 11 kW Leistung, Niederdruck
Bei genauerer Betrachtung ausschließlich der neu veröffentlichten GV-Tarife anhand eines Musterhaushalts mit Jahresbezug von 20.000 kWh zeigt sich ein uneinheitliches Tarifgefüge. Kunden des dominierenden Anbieters E.ON müssen sich besonders in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Teilen Nordrhein-Westfalens auf deutlich steigenden Kosten einstellen, was weitestgehend mit den steigenden Netzentgelten korreliert. Dagegen profitieren Gasabnehmer bei der MITGAS in Mitteldeutschland, bei der Thüga Energie (Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz) oder bei der N‑ERGIE in Bayern von deutlich sinkenden Preisen.
Insbesondere Kunden der Stadtwerke Weimar müssen sich auf hohe Kosten einstellen. In insgesamt vier Postleitzahl-Ort-Kombinationen in Weimar und im benachbarten Ettersburg werden sich die Gesamtkosten 2025 auf 3.739,28 Euro belaufen. Im Vergleich zum laufenden Jahr (3.299,28 €) ist dies eine Steigerung um +13,3 Prozent. Die Stadtwerke Quedlinburg dagegen senken die Kosten in Quedlinburg und Ditfort zwar um ‑6,2 Prozent, liegen mit den Gesamtkosten von 3.650,62 Euro aber ähnlich hoch.
Während in 266 Postorten in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, die von der E.ON im eigenen Netz grundversorgt werden, die höchsten Preisanpassungen zu finden sind (+32,5 %), bleiben die Gesamtkosten für das kommende Jahr dennoch mit fast eintausend Euro weniger unter dem Preisniveau im thüringischen Weimar. Verbraucher erwartet statt der bisherigen 2.130,47 Euro eine Rechnung in Höhe von 2.823 Euro – dennoch ein Plus von knapp 700 Euro.
Die niedrigsten Gesamtkosten finden sich in drei Postorten Bad Homburgs. Hier reduzieren die Städtischen Werke den Grundversorgertarif um ‑22,3 Prozent, sodass statt der bisherigen 2.323,68 Euro nächstes Jahr 1.805,68 Euro berechnet werden.
Gaskunden im sächsischen Borna werden von den ansässigen Stadtwerken um ‑38,9 Prozent entlastet, dies bedeutet Kosten in Höhe von 2.537,60 Euro statt derzeit 4.151,60 Euro; eine Ersparnis von mehr als 1.600 Euro im Jahr. In 17 bayrischen Gemeinden sowie in Ingolstadt erwarten die Gaskunden der dortigen Stadtwerke um ‑34,6 Prozent geringere Belastungen als 2024. Sind es Stand jetzt 3.261,40 Euro beim betrachteten Abnahmefall, wird sich die Summe nächstes Jahr auf nur noch 2.133,40 Euro belaufen.
Preisniveau der Gasgrundversorgung 2025 in €/a
Abnahmefall: Familien-Haushalt, SLP, 20.000 kWh/Jahr, 11 kW Leistung, Niederdruck
Werden alle am 1. Januar 2025 gültigen Grundversorgungstarife herangezogen, ändert sich das Preisniveau erst einmal nur moderat gegenüber dem laufenden Jahr. Im nach der Größe der Grundversorgungsgebiete gewichteten Durchschnitt bezahlt der Musterhaushalt dann 2.408,62 Euro für 20.000 kWh, was einem Anstieg von rund 2,5 Prozent gegenüber 2024 (2.350,43 €) entspricht. Am günstigsten bleibt der Gasbezug mit 1.189,84 Euro zunächst unverändert beim Lieferanten Lichtblick im Netz der HanseGas in Dobbin-Linstow (Mecklenburg-Vorpommern). Den höchsten Preis berechnen weiterhin die angestammten Stadtwerke im nordrhein-westfälischen Rees mit 4.005,23 Euro. Somit ergibt sich eine Preisspreizung von beachtlichen 236,6 Prozent.
Margensichere Tarife zu kalkulieren, bleibt weiter eine große Herausforderung für Gasvertriebe, insbesondere wenn sie wie in der Grundversorgung viele Unwägbarkeiten absichern müssen. Einerseits sinken die Beschaffungskosten seit dem Peak im Herbst 2022 tendenziell eher, andererseits müssen steigende Umlagen und fast unvorhersehbare Netzentgeltentwicklungen eingepreist werden. Es wird sich erst zeigen müssen, ob mit der Veröffentlichung der endgültigen Verteilnetzentgelte noch große Verwerfungen zu erwarten sind, oder ob im Frühjahr noch viele Grundversorger mit Preisanpassungen nachziehen.
Auf der anderen Seite lässt sich aktuell aber auch errechnen, dass die günstigsten Wettbewerbsprodukte je Postort im Schnitt fast 36 Prozent günstiger sind als der jeweilige Grundtarif des angestammten Versorgers. Die Differenz beträgt durchschnittlich knapp 850 Euro – diese Preisspanne sollte Gasvertrieben einigen Spielraum zur Platzierung erfolgreicher Produkte bieten.
Methodik: Der Auswertung liegen die veröffentlichten Preise von 230 der 717 Gasgrundversorger in Deutschland (32 Prozent) zugrunde. Dies betrifft rund 43 Prozent des gasversorgten Gebiets. Verglichen wurden die Preise mit Gültigkeit 01.11.2024 und 01.01.2025. Alle Preisangaben verstehen sich netto. Die durchschnittlichen Jahreskosten wurden nach Anzahl der versorgten Postleitzahl-Ort-Kombinationen (synonym „Postorte“) in einem Grundversorgungsgebiet gewichtet. Betrachtet wurde nur das Hauptnetz in einem Postort. Den Berechnungen liegt überwiegend ein Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 kWh (11 kW Leistung, G4-Zähler) in der Grundversorgung zugrunde.
„Stadtwerke digital 2025“ – Der Praxisratgeber für die Energiewende
Die Digitalisierung und Energiewende bringen für Stadtwerke große Herausforderungen, aber auch viele neue Chancen. Gemeinsam mit Partnern aus der Energiewirtschaft haben wir den Ratgeber „Stadtwerke digital 2025“ entwickelt. Darin finden sich praxisnahe Handlungsempfehlungen und innovative Ansätze, um die Digitalisierung erfolgreich zu meistern und Stadtwerke optimal für die Zukunft aufzustellen.
Jetzt Ratgeber kostenlos online anschauen oder gedruckte Version bestellen auf ratgeber.evu.digital!