Traditionell nutzen viele Grundversorger den Jahreswechsel dazu, neue Preise festzulegen, in denen geänderte Netzentgelte und Umlagen eingepreist wurden. Die gesetzlich vorgeschriebene Veröffentlichungsfrist von sechs Wochen zum Monatsersten für die Gültigkeit ab dem 1. Januar 2025 endete Mitte November. Nachdem die Entgelte in der Verteilnetzebene nach deutlichen Umverteilungen eher unerwartet auf breiter Fläche sanken (vgl. Newsletter NNS Nr. 121), stellt sich nun die Frage, wie viele und welche Anpassungen sich als Folge in der Stromgrundversorgung beobachten lassen.
Bis zum Stichtag hatten 323 Stromgrundversorger geänderte Preisstellungen veröffentlicht. Dies entspricht 39 Prozent aller angestammten Lieferanten, allerdings werden von ihnen nur rund 22,7 Prozent der Fläche Deutschlands versorgt. Entsprechend fallen diese Tarife im Durchschnitt aller Versorgungsgebiete weniger ins Gewicht, wie weiter unten noch eingeordnet wird. Bei reiner Betrachtung der geänderten Tarife erwarten Endverbraucher dagegen positive Nachrichten. Ein Single-Haushalt mit jährlichem Stromverbrauch von 1.500 kWh spart 2025 im gewichteten Durchschnitt rund ‑7,6 Prozent bei Jahreskosten von dann 600,02 Euro, ein Familienhaushalt (4.000 kWh) sogar ‑9,6 Prozent (1.374,87 €). Auch ein SLP-Gewerbekunde mit 40.000 kWh Strombedarf wird entlastet und zahlt mit 12.394,77 Euro etwa ‑10,2 Prozent weniger als im laufenden Jahr.
Genauere Zahlen zeigt die Betrachtung eines SLP-Musterhaushalts mit einem jährlichen Strombedarf von 3.500 kWh in der Grundversorgung. Im gewichteten Schnitt werden die neuen Belieferungskonditionen um ‑10,3 Prozent günstiger und liegen 2025 bei 1.217,63 Euro. In insgesamt 2.635 von 2.873 Postleitzahl-Ort-Kombinationen mit Änderungen sinken die Grundversorgungspreise, in 1.757 davon um ‑10 Prozent oder stärker, darunter in 45 sogar um mehr als ‑20 Prozent. Steigende Tarife sind dagegen nur in 238 Postorten zu beobachten, in 27 davon um mehr als +10 Prozent.
Prozentuale Veränderung in der Stromgrundversorgung 2025 gegenüber 2024
Abnahmefall: Familien-Haushalt, SLP, 3.500 kWh/a, Niederspannung
Die größte Preissenkung lässt sich dabei in Bayern feststellen. Die Elektrizitäts-Versorgungs-Genossenschaft Perlesreut reduziert die Grund- und Ersatzversorgung im eigenen Netz um ‑29,5 Prozent, sodass für den Musterhaushalt 939,70 Euro im Jahr fällig werden. Dies betrifft Perlesreut sowie zwei weitere Postorte. Ausschlaggebend dafür dürfte auch die deutliche Netzentgeltsenkung vor Ort um ‑48,8 Prozent auf 215,50 Euro/Jahr sein. Die Stadtwerke Quedlinburg in Sachsen-Anhalt reduzieren ebenfalls den Grundversorgungstarif im eigenen Netz. Die Jahreskosten in der Grund- und Ersatzversorgung sinken um ‑27,1 Prozent auf 1.320,65 Euro, liegen damit aber noch klar über dem Durchschnitt aller geänderten Tarife. Auch hier lassen sich niedrigere Netzentgelte beobachten (-11,5 % auf 402,50 €/a). Stromkunden der Städtischen Werke in Borna/Sachsen sparen im Tarif „BornaBasisStrom Haushalt“ 2025 rund ‑26 Prozent und müssen vergleichsweise günstige 1.108,03 Euro entrichten. Im Gebiet der dortigen Städtischen Werke Borna Netz sinken die Verteilnetzentgelte ebenfalls (-16,6 % auf 329,80 €/a). Regional betrachtet profitieren am ehesten Kunden in Ostdeutschland von niedrigeren Kosten.
Auf der anderen Seite lassen sich Preissteigerungen beispielsweise bei den Stadtwerken Duisburg in Nordrhein-Westfalen beobachten. Kunden in 25 Postorten innerhalb der westlichsten Großstadt des Ruhrgebiets müssen ab dem Jahreswechsel im Tarif „PartnerStrom Classic“ +18,1 Prozent pro Jahr mehr bezahlen (1.409,95 €). Dies ist offensichtlich unabhängig davon, dass sich die Entgelte der Netze Duisburg zum gleichen Stichtag um ‑2,3 Prozent auf dann 407,26 Euro/Jahr reduzieren. Potenziell deutlich weniger Kunden sind von den Kostensteigerungen des bayerischen EVU Markt Obernzell im Postort Rollhäusl betroffen, wo die Kosten im eigenen Netzgebiet um +16 Prozent auf 1.321,07 Euro/Jahr steigen (Netzentgelte ‑2,6 % auf 311,55 €/a). Auch im Postort Zweibrücken in Rheinland-Pfalz steigen die jährlichen Kosten bei den grundzuständigen Stadtwerken um +11,3 Prozent auf 1.327,45 Euro. Das dürfte auch in den steigenden Entgelten im eigenen Netz begründet sein (+5,8 % auf 410,36 €/a).
Mit der deutlichen Reduzierung des Grundversorgungspreises bietet die bereits genannte Elektrizitäts-Versorgungs-Genossenschaft Perlesreut auch die günstigsten Konditionen unter den zum Jahreswechsel geänderten Tarifen. Ähnlich günstigen Jahreskosten sehen Kunden der LSW Energie in Niedersachsen entgegen. Für den „LSW KOMPAKTSTROM“ werden trotz einer Erhöhung um +4,3 Prozent nur 967,15 Euro im Jahr fällig, was insgesamt 67 Postorte betrifft. Im dortigen LSW Netz sinken die Entgelte um ‑7,6 Prozent auf 334,75 Euro jährlich. Im brandenburgischen Eisenhüttenstadt sind die Jahreskosten bei den angestammten Stadtwerken mit 1.017,57 Euro (-2,8 %) ebenfalls niedrig, auch dort sinken die Netzentgelte der Kommunalen Energieversorgung Eisenhüttenstadt um ‑8,8 Prozent auf 274,18 Euro/Jahr.
Preisniveau der Stromgrundversorgung 2025 in €/a
Abnahmefall: Familien-Haushalt, SLP, 3.500 kWh/a, Niederspannung
Am anderen Ende der Preisspanne findet sich die Energieversorgung Apolda aus Thüringen wieder. Trotz einer starken Senkung in der „Grundversorgung – Strom“ um ‑11,9 Prozent verharren die Jahreskosten bei deutlich überdurchschnittlichen 1.551,77 Euro. Dort ermöglichten offenbar auch die sinkenden Netzentgelte der ENA Energienetze Apolda (-8,5 % auf 316,40 €/a) keine weitere Reduzierung. Hohe Kosten erwarten weiterhin auch Kunden der Stadtwerke Stockach in Baden-Württemberg. Der GV-Tarif „Stockach BasisStrom Öko“ verbilligt sich zwar um ‑5 Prozent, bleibt aber mit 1.530,40 Euro/Jahr vergleichsweise teuer. Im Netz der Stadtwerke steigen die Kosten um +11,7 Prozent auf jährlich 506,60 Euro, was die Preisgestaltung beeinflusst haben dürfte. Auch in Freudenstadt bleiben die Kosten für „MeinLändleSTROM Basis“ der örtlichen Stadtwerke trotz Senkung um ‑6,7 Prozent mit 1.526,51 Euro/Jahr hoch. Die Stadtwerke betreiben auch das Verteilnetz, in dem die jährlichen Kosten ebenfalls steigen (+1,4 % auf 463,70 €/a). Zwischen den günstigsten und teuersten aktualisierten Preisstellungen findet sich eine Spanne von rund 65,1 Prozent – die Tarife liegen somit im Vergleich zum derzeitigen Preisniveau nicht sehr weit auseinander.
Wenig überraschend korrelieren sinkende Grundversorgungspreise häufig mit ebenfalls reduzierten Entgelten in den zugrundeliegenden Netzgebieten. Unter den 2.635 Postleitzahl-Ort-Kombinationen mit niedrigeren Tarifen lassen sich Netzentgeltsenkungen in 2.257 Postorten beobachten. Aber selbst in 368 Postorten mit steigenden Entgelten reduzieren sich die Grundversorgungstarife, womöglich haben die Versorger dort günstigere Beschaffungspreise erzielt oder anderweitig Kostenstrukturen optimiert. Ein Beispiel sind die Stadtwerke in Metzingen/Baden-Württemberg mit dem Tarif „SWM Strom Standard“ (-1,6 % auf 1.401,93 €/a; NNE +24,3 % auf 347,37 €/a). Natürlich gibt es auch umgekehrte Fälle, in denen die GV-Tarife trotz sinkender Entgelte teurer werden. Dies trifft auf insgesamt 123 Postorte zu. Neben den bereits genannten Stadtwerken Duisburg und dem EVU Markt Obernzell ist dies zum Beispiel bei den Stadtwerken im thüringischen Meiningen zu beobachten (+7,2 % auf 1.378,37 €/a; NNE ‑3,7 % auf 376,04 €/a).
Auch wenn der betrachtete Musterhaushalt zum Jahreswechsel mit den neuen Grundversorgungspreisen deutlich entlastet werden könnte, muss dies mit dem gesamten Preisniveau in Relation gesetzt werden, denn in mehr als 77 Prozent der stromversorgten Gebiete ändert sich erst einmal nichts an den geltenden Tarifen. Ein nach der Größe der Versorgungsgebiete gewichteter Schnitt über ganz Deutschland zeigt ab dem 1. Januar 2025 Jahreskosten von 1.314,72 Euro. Das sind gerade einmal ‑2 Prozent weniger als 2024 (1.341,60 €/a).
Zudem lässt sich in den Bestandstarifen alleine in Bayern eine deutlich größere Preisspreizung (276,8 %) beobachten zwischen den Kosten der Gemeindewerke Stockstadt (884,41 €/a) und den Licht‑, Kraft- und Wasserwerken in Kitzingen (3.332,66 €/a). Hier wurde aktuell allerdings eine Preissenkung angekündigt. Tendenziell ist der Strombezug regional in Nord‑, Mittel- und Südwestdeutschland am teuersten. Und nicht vergessen werden darf, dass mit E.ON Energie Deutschland der größte Grundversorger bislang noch keine neuen Preise veröffentlicht hat. Diese könnten das durchschnittliche Preisgefüge noch einmal entscheidend verändern.
Stromvertriebe – egal ob Grundversorger oder im Wettbewerb – haben es im derzeitigen Marktumfeld sicher nicht leicht, verlässlich zu kalkulieren. Noch ist unklar, ob sich in den endgültigen Netzentgelten 2025 womöglich stärkere Änderungen als üblich ergeben werden. Gleichzeitig weiß niemand, ob sich die verbliebene Bundesregierung mit der Opposition noch auf eine politisch gewollte Senkung der Netzentgelte verständigen kann. Und schon jetzt gilt es, bereits gesunkene Entgelte auf der einen und eine stark gestiegene § 19 StromNEV-Umlage auf der anderen Seite einzupreisen. In jedem Fall ist es möglich, dass nach dem Jahreswechsel die Karten noch einmal neu gemischt werden.
Methodik: Der Auswertung liegen die veröffentlichten Preise von 323 der 828 Stromgrundversorger in Deutschland (39 Prozent) zugrunde, die Änderungen enthalten. Dies betrifft rund 22,7 Prozent des stromversorgten Gebiets. Verglichen wurden die Preise mit Gültigkeit 01.11.2024 und 01.01.2025. Alle Preisangaben verstehen sich netto. Die durchschnittlichen Jahreskosten wurden nach Anzahl der versorgten Postleitzahl-Ort-Kombinationen (synonym „Postorte“) in einem Grundversorgungsgebiet gewichtet. Betrachtet wurde nur das Hauptnetz in einem Postort. Den Berechnungen liegt überwiegend ein Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.500 kWh (SLP, Niederspannung, Drehstromzähler) in der Grundversorgung zugrunde.
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