Änderungen ergeben sich im kommenden Jahr zudem durch die turnusgemäße Feststellung des angestammten Versorgers in den einzelnen Netzgebieten. Auf Grundlage von § 36 Abs. 2 EnWG wird der zuständige Grundversorger alle drei Jahre zum 1. Juli neu ermittelt (erstmalig 2006), Änderungen werden bis spätestens zum 30. September veröffentlicht. Das Unternehmen, das am Stichtag die meisten Haushaltskunden in einem Netzgebiet beliefert, be- oder erhält in den folgenden drei Jahren den Status des Grundversorgers. Auch solche Änderungen können deutliche Auswirkungen auf das Preisniveau haben, wie die folgende Auswertung zeigen wird.
Betrachtet wird der Abnahmefall von 2.200 kWh im Jahr, der bisher einen typischen Verbrauch für einen Haushalt in der Grundversorgung darstellte. In die Auswertung gehen die veröffentlichten Preise von 340 der 826 Grundversorger im Bundesgebiet ein (41,2 %), Änderungen zeigen sich in 755 von 2.053 Tarifen (36,8 %). Im gewichteten Durchschnitt, der die Größe der betroffenen Liefergebiete berücksichtigt, lässt sich daraus ein minimaler Anstieg der durchschnittlichen Jahreskosten um +0,5 Prozent auf 629,88 Euro errechnen.
Damit weicht die Entwicklung von der allgemeinen Tendenz der Netzentgelte ab, die im ebenfalls gewichteten Schnitt leicht sinken (vgl. Newsletter Netznutzung Strom Nr. 106). Zwar korrelieren die Tarife beispielsweise in den Netzgebieten der WEMAG, Celle-Uelzen-Netz oder e‑netz Südhessen mit den sinkenden Durchleitungsgebühren, doch in Baden-Württemberg zeigt sich der gegenteilige Fall. Trotz deutlicher Entgeltsenkungen in der Fläche steigen die Stromtarife in großen Teilen deutlich. Möglicherweise werden die sinkenden Fremdkosten dort durch gestiegene Beschaffungskosten überkompensiert.
Sinkende Preise in der Grundversorgung lassen sich in 502 Postleitzahl-Ort-Kombinationen beobachten, im Schnitt reduzieren sich die Jahreskosten dort um ‑2,4 Prozent, in 19 Postorten um ‑5 Prozent oder mehr. In 2.153 Postorten dagegen steigen die Kosten, im Schnitt um +4,3 Prozent. In 609 Postorten werden Stromkunden mit Preiserhöhungen von +5 Prozent oder mehr konfrontiert.
Preisänderungen in der Grundversorgung zum 1. Januar 2019
Abnahmefall: Haushalt, SLP, 2.200 kWh/Jahr
Die stärkste Anhebung findet sich im Liefergebiet der Energieversorgung Miltenberg-Bürgstadt in Bayern, wo die Jahreskosten um +20,5 Prozent auf 704 Euro steigen und damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegen. Ebenfalls eine deutliche Verteuerung zeigt sich in Heinsberg (NRW), wo lekker Energie die Grund- und Ersatzversorgung um 17,2 Prozent auf 699,18 Euro anhebt.
Mehr als ein Dutzend Stadt- oder Gemeindewerke erhöhen ihre Preise um 10 Prozent oder mehr, darunter Norderstedt (Schleswig-Holstein, +10,1 % auf 633,04 Euro), Gießen (Hessen, +10,2 % auf 648,76 Euro), Bad Kissingen (Bayern, +11,3 % auf 702,52 Euro), Soltau (Niedersachsen, +11,5 % auf 612,40 Euro), Dülmen (NRW, +12,3 % auf 627,30 Euro) und Pinneberg (Schleswig-Holstein, +13,2 % auf 651,74 Euro).
Eine Verteuerung durch den Wechsel des angestammten Unternehmens kommt auf zukünftige Grundversorgungskunden im hessischen Rüsselsheim zu, denn dort geht das Liefergebiet von eprimo an die Energieversorgung Rüsselsheim über. Die zukünftigen Preise des neuen Lieferanten liegen mit 714,51 Euro um +16,4 Prozent höher. Ähnliches zeigt sich in Witzenhausen (ebenfalls Hessen), wo E.ON Energie Deutschland 2019 von Werra-Strom abgelöst wird (686,55 Euro, +12,2 %). In diesen Fällen sind Bestandskunden allerdings nicht betroffen, denn in § 36 Abs. 3 EnWG ist festgelegt, dass die mit dem bisherigen Grundversorger geschlossenen Lieferverträge weiterhin gültig sind. Nur für neue Stromkunden (z. B. durch Umzug oder Insolvenz des bisherigen Lieferanten) gelten die teureren Verträge des zukünftigen Versorgers.
Auf der anderen Seite nehmen Grundversorger auch Senkungen vor, in Dessau-Roßlau (Sachsen-Anhalt) reduziert die SV Dessau den Tarif „DessauStrom Basis“ um ‑3,2 Prozent auf 625,84 Euro und somit auf ein durchschnittliches Niveau. Die WEMAG senkt in 448 Postorten Mecklenburg-Vorpommerns den Tarif „wemio-Ökostrom regional“ um ‑2,1 Prozent auf 682,60 Euro.
Deutlicher profitieren potenzielle Neukunden aber durch einige Versorgerwechsel, so sinkt der Grundversorgungspreis im baden-württembergischen Heddesheim um ‑14,1 Prozent auf weit unterdurchschnittliche 547,78 Euro, weil der bisherige angestammte Versorger EnBW Baden-Württemberg von den Stadtwerken Viernheim abgelöst wird. Ähnlich stellt es sich in Wackerow (Mecklenburg-Vorpommern) dar, wo die Stadtwerke Greifswald das Liefergebiet von E.ON übernehmen (-13,3 % auf 580 Euro). In weiteren 6 Postorten in der unmittelbaren Umgebung muss E.ON die die Grundversorgung an die Stadtwerke Neubrandenburg abgeben (-13,2 % auf 580,40 Euro); ein weiteres Liefergebiet verliert E.ON in Wohltorf (Schleswig-Holstein, Übergang an e‑werk Sachsenwald, ‑12,7 % auf 590,16 Euro).
Aber auch hier gilt, dass Verbraucher nicht automatisch von den günstigeren Preisen profitieren, sondern aktiv den bisherigen Vertrag kündigen müssen. Insbesondere in vielen bisherigen E.ON-Gebieten kann der Wechsel zu den demnächst zuständigen Stadtwerken die Jahreskosten reduzieren.
Der günstigste Grundversorgungspreis findet sich 2019 unverändert in Stockstadt am Main. Die örtlichen Gemeindewerke der bayerischen Kommune berechnen für die Versorgung 519,72 Euro, was weit unter dem bundesdeutschen Schnitt liegt. Ähnlich günstig werden Kunden der Stadtwerke Erkrath (NRW, 520,32 Euro), Springe (Niedersachsen, 527,23 Euro), Hasbergen (Niedersachsen, 527,26 Euro) und Winsen (Luhe) beliefert (Niedersachen, 528,61 Euro). Die genannten Versorger nehmen zum Jahreswechsel keine Preisanpassung vor. In 131 Postorten liegen die Jahreskosten unter 550 Euro.
Preisniveau in der Grundversorgung ab dem 1. Januar 2019
Abnahmefall: Haushalt, SLP, 2.200 kWh/Jahr
Am oberen Ende des Preisspektrums finden sich die Preise der Stadtwerke Bordesholm. In der Stadt in Schleswig-Holstein werden für die Belieferung in der Grundversorgung 721,04 Euro fällig und damit 38,7 Prozent mehr als im bayerischen Stockstadt. Ebenfalls hohe Preise lassen sich bei den Stadtwerken Stockach in Baden-Württemberg beobachten (+7,5 % auf 720,52 Euro). Jahreskosten über 700 Euro finden sich weiterhin bei den Stadt- oder Gemeindewerken Nordhalben (Bayern), Bad Herrenalb, Krauchenwies (beide Baden-Württemberg), Schönkirchen (Schleswig-Holstein), Dettelbach (Bayern), Wolfen (Sachsen-Anhalt) und Bad Bramstedt (Schleswig-Holstein).
Methodik: Der Auswertung liegen die veröffentlichten Preise von 340 der 826 Grundversorger im Bundesgebiet (41,2 %) bzw. 755 von 2.053 Tarifen (36,8 %) zugrunde. Dies betrifft 21 Prozent des bundesdeutschen Gebiets. Verglichen wurden die Preise mit Gültigkeit 31.12.2018 und 1.1.2019. Alle Preisangaben verstehen sich netto. Der durchschnittliche spezifische Arbeitspreis der Grundversorgung wurde nach Zahl der versorgten Postleitzahl-Ort-Kombinationen (synonym „Postorte“) gewichtet. Betrachtet wurde nur das Hauptnetz in einem Postort. Der Kilowattstundenpreis setzt sich zusammen aus dem Arbeitspreis und dem auf die Jahresarbeit umgelegten Grundpreis. Vorausgesetzt wurde ein Eintarifzähler.