Das geringe Interesse scheint mit der Tariflandschaft für ausgewiesene E‑Mobilitätsprodukte zu korrelieren. Schon eine Untersuchung der ene't Datenbank Endkundentarife Strom im Februar 2014 (vgl. Newsletter Nr. 048) zeigte eine geringe Anbieterdichte am Markt. Zudem ließ sich erkennen, dass die heimische Ladung eines Fahrzeugs über den Haushaltsstrom in der Regel kostengünstiger war als der Abschluss eines separaten Tarifs.
Netzseitig bieten sich für Stromvertriebe günstige Voraussetzungen für die Auflage eines preislich interessanten Angebots. Insgesamt 70 Verteilnetzbetreiber erheben in 3.871 Postleitzahl-Ort-Kombinationen reduzierte Entgelte für die Elektromobilität. Darunter sind Betreiber wie Westnetz, Netze BW, Syna, SWV Regional, regionetz, SWO Netz und die Netzgesellschaft Ostwürttemberg DonauRies GmbH. Die niedrigsten Gebühren erheben dabei die Stadtwerke Meiningen mit 35,12 Euro im Jahr, gefolgt von Westnetz, Syna, NEW Netz, ELE Verteilnetz, nvb Nordhorner Versorgungsbetriebe, SWV Regional, regionetz und weiteren mit jeweils 42,83 Euro. Am teuersten ist die Durchleitung dagegen in den Netzen der Stadtwerke Troisdorf (179,34 Euro/Jahr) und der Netze BW (149,60 Euro/Jahr).
Dem zugrunde liegt ein Abnahmefall von 2.855 kWh/Jahr. Dieser errechnet sich aus der durchschnittlichen Fahrleistung eines Pkw in Deutschland (2016: 13.341 km, Angabe des Kraftfahrt-Bundesamtes) und dem mittleren Verbrauch des hierzulande meistverkauften E‑Mobils (Renault Zoe Z.E., ermittelter Verbrauch laut ADAC-Autotest 21,4 kWh/100 km).
Bei Netzanbietern, die keinen eigenen Tarif für Elektromobilität veröffentlichen, werden stattdessen die ebenfalls reduzierten Entgelte für steuerbare Verbrauchseinrichtungen gemäß § 14a EnWG herangezogen, unter die Elektromobile per Gesetz fallen. Eine weitere günstige Voraussetzung für den Vertrieb ist der An-satz der reduzierten Konzessionsabgabe von maximal 0,11 ct/kWh nach § 2 Abs. 3 KAV. Mancherorts wird sogar diese Höchstgrenze nicht ausgeschöpft. So erhebt die Kleinstadt Premnitz (Brandenburg) nur 0,055 ct/kWh, während einige kleine Gemeinden in Bayern gar keine Konzessionsabgabe einfordern. Einschließlich aller gesetzlichen Umlagen und Abgaben werden so im bundesdeutschen Schnitt 364,24 Euro/Jahr für den Fremdkostenkomplex bei der E‑Mobilität fällig.
Fremdkostenkomplex (Entgelte, Abgaben, Umlagen) für die Elektromobilität (2.855 kWh) in Euro/Jahr
Ob es aber inzwischen für den Endkunden günstiger ist, für die Aufladung seines Fahrzeugs einen eigenen Tarif zu beauftragen, der mit der Installation eines zusätzlichen Zählers verbunden ist, soll ein neuerlicher Vergleich zu einer Komplettbelieferung mit Haushaltsstrom zeigen. Dazu wird der durchschnittliche Verbrauch eines Haushalts mit einem Sondertarif zugrunde gelegt (2.900 kWh/Jahr laut Monitoringbericht 2016 der Bundesnetzagentur). Verglichen werden der jeweils günstigste Haushaltstarif und E‑Mobilitätstarif an einem Postort.
Wie eingangs erwähnt, zeigte sich Anfang 2014 eine geringe Anbieterdichte bei Tarifen für die Elektromobilität. Im Durchschnitt waren nur 1,2 Anbieter je Postort mit einem solchen Produkt aktiv. Zumindest gab es jedoch bereits ein flächendeckendes Angebot. Inzwischen hat sich das Tarifangebot leicht erhöht, im Bundesdurchschnitt sind inzwischen 2,1 Anbieter je Postleitzahl-Ort-Kombination verfügbar.
Die „größte“ Auswahl unter vier Tarifen haben dabei E‑Mobilisten in der Hansestadt Hamburg und einiger kleiner Städte wie Grevenbroich und Willich (NRW). Im Schnitt belaufen sich die Ladekosten auf jährlich 680,67 Euro, die Spanne reicht dabei von 494,17 Euro („NEW e‑mobility@home“ im Umland von Mönchen-gladbach) bis zu 818,95 Euro („Fahrstrompreis Abenteurer“ der SW Rosenheim in Teilen Bayerns).
Werden nun die Kosten beider Tarife dem summierten Verbrauch (5.755 kWh/Jahr) im günstigsten Haushaltstarif gegenübergestellt, zeigen sich nur wenige Einsparmöglichkeiten. In 2.462 Postorten fährt der Endkunde mit einem separaten Tarif günstiger, hauptsächlich in den Westnetz-Gebieten. Die Einsparungen sind mit maximal 80,07 Euro (Versmold, NRW) allerdings gering, im Schnitt betragen sie nur 18,41 Euro im Jahr. Besonders uninteressant ist ein Tarifwechsel im bayerischen Edling, da die Jahreskosten dort um 387,11 Euro über dem reinen Bezug von Haushaltsstrom liegen.
Preisdifferenz zwischen zwei separaten Tarifen (Haushalt 2.900 kWh + E‑Mobilität 2.855 kWh) und Vollbelieferung über Haushaltsstrom (5.755 kWh) in Euro/Jahr
Weiße Flächen kennzeichnen eine fehlende Datengrundlage, z. B. durch Eingemeindungen
Im Bundesschnitt ist die Belieferung über zwei getrennte Zähler um 123,59 Euro im Jahr teurer. Wer zudem nicht nur lokal emissionsfrei fahren möchte, wird bei seiner Tarifwahl auf Ökostromtarife setzen wollen. Der durchschnittliche Aufpreis verändert sich dabei nur minimal auf 125,62 Euro, die Zahl der Postorte mit günstigerem Gesamtpreis bei separatem Vertrag sinkt dagegen auf 2.225.
Es fehlen somit flächendeckende Angebote, die den Abschluss eines Ladetarifs attraktiv machen. Der günstige Fremdkostenkomplex sollte es Vertrieben grundsätzlich ermöglichen, entsprechende Produkte aufzulegen. Ohne ein ausgebautes Ladesäulennetz dürften Autofahrer mit einem „Stromer“ weiterhin hauptsächlich auf den vorhandenen Hausanschluss zurückgreifen, was mangels Unterbrechbarkeit wenig netzdienlich bleibt.
Methodik: Alle Preisangaben verstehen sich netto. Boni wurden nicht berücksichtigt; es wurden jeweils die günstigsten Tarife (Gesamt/Ökostrom) für Haushalt und Elektromobilität je Postort betrachtet. Weiterhin wurden stets Eintarifzähler vorausgesetzt.