Rund ein Drittel der bundesdeutschen Gaskunden, insbesondere im Nordwesten, beziehen L‑Gas aus norddeutschen und niederländischen Feldern. Gashändler, die Kunden in den betreffenden Marktgebieten versorgen, müssen entsprechende L‑Gas-Mengen einkaufen, oder aber ein Konvertierungsentgelt (gemäß KONNI Gas) für die technische Umwandlung von H‑Gas durch den Marktgebietsverantwortlichen entrichten.
Ursprünglich sollte das Entgelt zum Oktober 2016 auslaufen und durch die allgemeine Konvertierungsumlage abgelöst werden. Die Marktgebietsverantwortlichen sprachen sich aber für eine Verlängerung aus, da durch ein entfallendes Entgelt kein Anreiz mehr für Händler bestände, tatsächlich ausreichend physikalisches L‑Gas für den Vertrieb zu beschaffen. Die Bundesnetzagentur verlängerte die Regelung schließlich; bis April 2017 wird weiterhin im Marktgebiet von GASPOOL ein Entgelt in Höhe von 0,441 EUR/MWh, im Marktraum NetConnect Germany in Höhe von 0,453 EUR/MWh erhoben (jeweils Richtung H- nach L‑Gas).
Auf der bne-Konferenz wurde die weitere Erhebung dagegen vielfach abgelehnt. „Das Entgelt führt […] dazu, dass das System der getrennten Gasqualitätsgebiete [aufrechterhalten] wird. Der Effekt ist eine deutlich schlechtere Wettbewerbssituation für die L‑Gaskunden“, ließ sich bne-Geschäftsführer Robert Busch zitieren. Ein Vertreter der Monopolkommission unterstützte Busch: Das Entgelt schrecke H‑Gaslieferanten ab, auch L‑Gaskunden zu beliefern. Die Zahl der Anbieter bleibe für L‑Gaskunden somit beschränkt.
Wie sich die Tariflandschaft für L- und H‑Gaskunden aktuell gestaltet, zeigt ein Blick in die ene't Datenbank Endkundentarife Gas. Die Postleitzahl-Ort-Kombinationen, die mit H‑Gas beliefert werden, sind mit 10.170 (GASPOOL 5.247, NetConnect 4.923) deutlich in der Überzahl. Dem stehen nur 2.019 Postorte mit niederkalorischer Gasversorgung gegenüber (GP 928, NC 1.091). Postorte können dabei mehrfach gezählt sein, wenn sie sich über unterschiedliche Marktgebiete erstrecken.
Tatsächlich zeigen sich in der Anbieter- und Tarifvielfalt Unterschiede zwischen L‑Gas- und H‑Gas-Gebieten. H‑Gas-Kunden haben im Durchschnitt in jedem Postort die Wahl zwischen rund 111 Anbietern mit knapp 329 Tarifvariationen (GASPOOL 113⁄328, NetConnect 108⁄330; alle Angaben ganzzahlig gerundet). In L‑Gas-Gebieten sind dagegen durchschnittlich nur 99 Lieferanten mit 299 Angeboten aktiv (GP 101⁄305, NC 97⁄293). H‑Gas-Kunden können somit im Schnitt aus einer 12 Prozent größeren Anbietervielfalt und 10 Prozent breiteren Tariflandschaft wählen.
Anbieterdichte, Marktgebiete und Gasqualität
Weiße Flächen kennzeichnen Gebiete ohne Gasversorgung
Die höchste Anbieterzahl findet sich erwartungsgemäß in einem hochkalorisch versorgten Verteilnetz. Im sachsen-anhaltischen Jessen (Marktgebiet GASPOOL) können Gaskunden im Netz der NBB Netzgesellschaft Berlin Brandenburg mbH zwischen 144 Lieferanten und 382 Produkten wählen. Auch in Thüringen findet sich im Verteilnetz der Mitteldeutschen Netzgesellschaft Gas mbH ein breites Angebot in den Orten Lucka (143÷381), Frohnsdorf (142÷380), Wiehe (142÷379) und Artern (142÷377). Die höchste Anbieterzahl in einem L‑Gas-Gebiet findet sich im niedersächsischen Bassum (GP, Verteilnetz Avacon AG), dort stehen 125 Anbieter und 349 Tarifkombinationen zur Wahl.
Überraschenderweise findet sich auch der Postort mit der geringsten Anbieterdichte in einem H‑Gas-Marktgebiet. Im baden-württembergischen Eschbronn (NetConnect, Netzbereich der EGT Energie GmbH) sind nur 26 Lieferanten mit 96 Produkten aktiv. Ähnlich stellt sich die Tariflandschaft im hessischen Meißner (GP, EnergieNetz Mitte GmbH) mit 37 Anbietern und 110 Tarifen sowie im bayerischen Sulzheim (NC, Energienetze Bayern GmbH, 39⁄101) dar.
Das dünnste Angebot in einem L‑Gas-Marktgebiet findet sich im hessischen Ebsdorfergrund. Im dortigen Netzbereich der Stadtwerke Marburg GmbH (Marktgebiet NetConnect) bieten 77 Gaslieferanten in Summe 232 Produkte an. Insgesamt liegt die Anbieterzahl in 1.722, und damit rund 85 Prozent der L‑Gas-Postorte, unter dem bundesweiten Durchschnitt von gerundet 109. Somit sind in L‑Gas-Gebieten tatsächlich signifikant weniger Lieferanten aktiv als in Marktgebieten mit hochkalorischem Erdgas.
Einen direkten Rückschluss auf das Preisniveau erlauben diese Zahlen allerdings nicht. Während die Kosten der Grundversorgung für einen durchschnittlichen Familienhaushalt (Jahresverbrauch 20.000 kWh, installierte Leistung 11 kW) in den L‑Gas-Marktgebieten im Mittel 1.170,84 Euro betragen, werden für die gleiche Jahresarbeit in H‑Gas-Gebieten 1.220,56 Euro fällig (Bundesschnitt 1.212,32 Euro). Auch bei den jeweils günstigsten Sondertarifen eines Postorts fällt die L‑Gas-Versorgung im Mittel mit 641,63 Euro günstiger aus als beim Bezug von H‑Gas mit 659,47 Euro (Bundesdurchschnitt 656,52 Euro). Der höhere Wettbewerb wirkt offenbar nicht zwangsläufig kostendämpfend, vielmehr scheinen andere Faktoren eine größere Rolle zu spielen (Größe der Marktgebiete, Netzentgelte, lokale Konzessionsabgaben etc.).
Methodik: Alle Preisangaben netto. Anzahl der Anbieter und Tarife wurde postortscharf ermittelt und auf ganze Zahlen gerundet. Tarife mit Paketpreisen, Vorauskasse oder Festpreisen sowie Kombiprodukte wurden nicht berücksichtigt. Boni, Rabatte sowie Standardauf- und ‑abschläge wurden einberechnet.
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