In der ene't Datenbank Netznutzung Strom sind inzwischen die als endgültig deklarierten Preisblätter für 678 der insgesamt 878 Verteilnetzbetreiber erfasst. Deren Netzgebiete umfassen 14.647 deutsche Postleitzahl-Ort-Kombinationen und damit rund 98 Prozent der versorgten Fläche. Große Überraschungen finden sich in den neu veröffentlichten Entgelten nicht, ohnehin hatte ein großer Teil der Grundversorger die Strompreise bereits auf Basis der vorläufigen Entgelte sowie steigenden gesetzlichen Umlagen zum 1. Januar angepasst (vgl. Newsletter Endkundentarife Strom Nr. 60).
Im Durchschnitt fallen die Kostensteigerungen nach aktuellem Stand etwas weniger stark aus als es sich noch im Oktober abzeichnete. Während die Durchleitungsgebühren in 13.548 Postorten unverändert als endgültig ausgewiesen wurden, senkten die Netzbetreiber ihre Entgelte in 848 Postorten wieder gegenüber den vorläufigen Preisblättern. Dies betrifft vor allem den Nordwesten Bayerns, den Großraum um Köln sowie den Osten Sachsens. In 245 Postorten steigen die Kosten dagegen, so im südlichen Hessen und im Osten Niedersachsens. Im Schnitt sinken die nun noch einmal angepassten Netzentgelte für einen Familienhaushalt mit 3.500 kWh Verbrauch um etwa ‑1,2 Prozent. Die stärkste Senkung nehmen die Ahrtal-Werke in Rheinland-Pfalz (-11,1 % auf 5,12 ct/kWh) und die Stadtwerke Velbert (NRW) vor (-10,8 % auf 7,73 ct/kWh). Die höchste Korrektur nach oben lässt sich bei den Stadtwerken Freudenstadt (Baden-Württemberg) beobachten (+6,3 % auf 8,42 ct/kWh).
Prozentuale Veränderung der endgültigen gegenüber den vorläufigen Stromnetzentgelten 2020
Abnahmefall: Familien-Haushalt, 3.500 kWh/Jahr, SLP, Niederspannung
Ein Single-Haushalt mit 1.500 kWh Jahresverbrauch wird nach aktuellem Datenstand im bundesweiten Durchschnitt um +5,2 Prozent höher belastet, was Jahreskosten von 162,14 Euro ausmacht. Auch Gewerbekunden (SLP, 40.000 kWh) müssen mit 2.507,16 Euro im laufenden Jahr +5,8 Prozent höhere Durchleitungsgebühren entrichten. Leistungsgemessene Abnehmer werden ebenfalls höher belastet. Bei 100.000 kWh Jahresarbeit in der Niederspannung (35 kW) fallen die Gebühren um rund +6 Prozent (6.265,93 Euro) höher aus, bzw. um +6,1 Prozent (7.010,30 Euro) bei einer Leistungsaufnahme von 50 kW. Auch in der Mittelspannung zeichnen sich höhere Durchleitungsgebühren ab, bei 400.000 kWh Jahresverbrauch (bei 150 kW) werden 20.395,60 Euro fällig (+6,2 Prozent), bei 22.222,44 Euro (200 kW, +6,3 Prozent).
Am Musterhaushalt mit 3.500 kWh bemessen steigen die endgültigen Entgelte gegenüber dem Vorjahr um +5,5 Prozent auf durchschnittlich 8,14 ct/kWh und machen somit häufig den größten Einzelposten auf der Stromrechnung aus. Zwar sinken in 1.077 Postorten die Preise um durchschnittlich ‑2 Prozent, in 37 davon auch um mehr als ‑10 Prozent, doch dem stehen steigende Entgelte in 13.528 Postorten gegenüber. In 2.585 Postorten steigen die Netzkosten sogar um +10 Prozent oder mehr (Durchschnitt: +6,1 %).
Prozentuale Veränderung der endgültigen Stromnetzentgelte 2020 gegenüber 2019
Abnahmefall: Familien-Haushalt, 3.500 kWh/Jahr, SLP, Niederspannung
Die größte Erhöhung findet sich bei den Stadtwerken Herborn (Hessen), wo mit weit überdurchschnittlichen 10,11 ct/kWh +40,7 Prozent höhere Gebühren als 2019 berechnet werden. Ähnlich stark steigen die Entgelte der Elektrizitätsvereinigung Böbing (Bayern), hier werden 2020 mit 11,33 ct/kWh um +36,2 Prozent höhere Preise berechnet. Auch bei der Warendorfer Energieversorgung (NRW) verteuert sich die Durchleitung deutlich um +32,4 Prozent, allerdings liegt das Entgelt mit 7,29 ct/kWh noch immer unter dem Durchschnitt.
Von sinkenden Kosten profitieren dagegen Stromkunden im Netz der bereits erwähnten Ahrtal-Werke, hier liegen die Entgelte um ‑20,6 Prozent unter dem Vorjahrespreis. Auch im Netz der bayerischen Stadtwerke Neuburg a. d. Donau (-17,6 % auf 6,42 ct/kWh) und der Stadtwerke Hameln (-16,7 % auf 6,45 ct/kWh) in Niedersachsen sinken die Durchleitungspreise. Die günstigsten Entgelte werden 2020 neben den Ahrtal-Werken von der Strom- und Gasnetz Wismar (5,10 ct/kWh, ‑13,2 %) in Mecklenburg-Vorpommern und den Stadtwerken Metzingen (5,20 ct/kWh, +4,2 %) in Baden-Württemberg erhoben. Die höchsten Preise stellen dagegen das bayerische Elektrizitätswerk Hindelang (12,26 ct/kWh, +7,7 %), die Schleswig-Holstein Netz (11,63 ct/kWh, +10,1 %) sowie die Stadtwerke Bad Herrenalb in Baden-Württemberg (11,47 ct/kWh, +16,7 %) in Rechnung. Zwischen dem günstigsten und teuersten Netzbetreiber liegt somit eine Preisspanne von 140 Prozent.
Preisniveau der endgültigen Stromnetzentgelte 2020 in ct/kWh
Abnahmefall: Familien-Haushalt, 3.500 kWh/Jahr, SLP, Niederspannung
In 50 Postorten ist zudem die Netzkonzession auf einen neuen Betreiber übergegangen. In 4 Postorten, in denen das Verteilnetz vom Bayernwerk auf die SWM Infrastruktur übergegangen ist, profitieren Netzkunden besonders von den neuen gültigen Entgelten. Diese sinken um ‑24 Prozent auf nun 6,17 ct/kWh.
Auch wenn sich die Mehrbelastung der Stromkunden in 2020 mit den aktuellen Preisständen im Schnitt noch ein wenig reduziert hat, hat sich am allgemeinen Trend gestiegener Entgelte nichts geändert. Eine neue Welle von Preisanpassungen in Stromprodukten ist somit nicht zu erwarten.
Methodik: Alle Preise verstehen sich netto. Der durchschnittliche spezifische Arbeitspreis der Netzentgelte wurde nach Netzgröße (Anzahl der angeschlossenen Postorte) gewichtet. In den Berechnungen wurden nur Netzbetreiber berücksichtigt, die bereits ein endgültiges Entgelt für 2020 bekanntgegeben haben. Der spezifische Kilowattstundenpreis setzt sich zusammen aus den Netzkosten (Arbeitspreis + auf die Jahresarbeit umgelegter Grundpreis) und den Kosten für das Messsystem (Eintarif Drehstromzähler).