Aktuelles | 15. August 2022

Neue Gasumlage belastet Endkunden um mehr als 20 Prozent zusätzlich

Spätestens mit dem Beginn des Kriegs in der Ukraine und den reduzierten Gasflüssen aus Russland explodieren die Gaskosten regelrecht, nachdem die Beschaffungskosten ohnehin seit 2021 dramatisch angestiegen sind. Aus der Sorge heraus, dies könnte große Importeure wirtschaftlich ernsthaft ins Straucheln bringen, hat die Bundesregierung die Einführung einer neuen Umlage für alle Letztverbraucher zum 1. Oktober beschlossen. Seit dem 15. August 2022 ist die Höhe der Gasumlage gemäß § 26 Energiesicherungsgesetz (auch „Gasbeschaffungsumlage“ genannt) bekannt. Die Gaspreise werden sich dadurch um 2,419 ct/kWh weiter verteuern, wobei die Bundesregierung offenbar noch prüft, ob die Umlage von der Umsatzsteuer befreit werden kann.

Für einen Mus­ter­haus­halt mit einem jähr­li­chen Ver­brauch von 20.000 kWh erge­ben sich dar­aus Mehr­kos­ten in Höhe von 483,80 Euro. Aktu­ell zahlt der Mus­ter­kun­de bereits 2.169,61 Euro für den Gas­be­zug in der Grund­ver­sor­gung (Stand August 2022), sodass die neue Umla­ge rund 22,3 Pro­zent des der­zei­ti­gen Gesamt­prei­ses aus­ma­chen wür­de. Dass Ener­gie­ver­sor­gungs­un­ter­neh­men hier auf eine Wei­ter­ga­be an den End­kun­den ver­zich­ten wer­den, erscheint mehr als unwahr­schein­lich. Dies bedeu­tet wohl noch höhe­re Belas­tun­gen der End­kun­den, wobei der durch­schnitt­li­che Grund­ver­sor­gungs­preis allein bereits ein Plus von 72,5 Pro­zent gegen­über Janu­ar 2021 ver­zeich­net. Der Ver­gleich mit dem Vor­jah­res­be­ginn zeigt flä­chen­de­cken­de Preis­er­hö­hun­gen, Sen­kun­gen las­sen sich bei kei­nem Grund­ver­sor­ger beobachten.

Die Span­ne reicht dabei von mar­gi­na­len Anpas­sun­gen der baye­ri­schen Her­zo Wer­ke (+1,1 % auf 1.404,97 Euro/​Jahr) und der Gemein­de­wer­ke Enin­gen u.A. (Baden-Würt­tem­berg, +1,6 % auf 1.179,20 Euro/​Jahr) bis hin zu einer Ver­viel­fa­chung der Kos­ten. So stie­gen die Jah­res­kos­ten in der Grund­ver­sor­gung bei den Stadt­wer­ken Müll­heimStau­fen (Baden-Würt­tem­berg) um +239,8 Pro­zent auf 4.722,92 Euro pro Jahr, bei den Stadt­wer­ken Rot­ten­burg am Neckar um +247,5 % auf 5.037,80 Euro/​Jahr, und am stärks­ten bei den hes­si­schen Stadt­wer­ken Wolf­ha­gen (+354,9 % auf 5.462,84 Euro/​Jahr). Dort haben sich die Prei­se mehr als vervierfacht.

Preis­än­de­run­gen in der Grund­ver­sor­gung von Janu­ar 2021 zu August 2022 in Pro­zent
Abnah­me­fall: Fami­li­en­haus­halt, SLP, 20.000 kWh/​a, 11 kW

In 2.255 Post­leit­zahl-Ort-Kom­bi­na­tio­nen stei­gen die Prei­se um mehr als 100 Pro­zent. Die stärks­ten Preis­an­stie­ge kon­zen­trie­ren sich unter ande­rem auf Grund­ver­sor­gungs­ge­bie­te in Baden-Würt­tem­berg, Rhein­land-Pfalz und Schles­wig-Hol­stein. Die neu­en Kon­di­tio­nen in Wolf­ha­gen, Rot­ten­burg und Stau­fen stel­len gleich­zei­tig die der­zeit teu­ers­ten Tari­fe dar, wobei für die vor­lie­gen­de Aus­wer­tung nur die Bestands­kun­den­ta­ri­fe betrach­tet wur­den. Bei zeit­wei­lig auf­ge­split­te­ten Tari­fen für Neu­kun­den kön­nen vor­über­ge­hend noch höhe­re Prei­se erho­ben wor­den sein. Deut­lich nied­ri­ge­re Kos­ten fin­den sich der­zeit noch in den Grund­ver­sor­gungs­ge­bie­ten der Stadt­wer­ke Ber­nau (1.140,80 Euro/​Jahr, +16,3 %).

Aus den Ein­nah­men der neu­en Umla­ge sol­len Impor­teu­re ent­schä­digt wer­den, denen durch kurz­fris­ti­ge Ersatz­be­schaf­fun­gen nicht gelie­fer­ter rus­si­scher Gas­men­gen erheb­lich Mehr­kos­ten ent­ste­hen. Damit die­se nicht von einer Insol­venz bedroht wer­den und Lie­fer­ket­ten gefähr­det wer­den, kön­nen sie 90 Pro­zent Ihrer zusätz­li­chen Auf­wän­de gel­tend machen. Die Höhe der Umla­ge wird regel­mä­ßig über­prüft und gege­be­nen­falls alle drei Mona­te durch den Markt­ge­biets­ver­ant­wort­li­chen neu festgelegt.

Als wei­te­re Belas­tung des Gas­prei­ses wird im Herbst noch eine zusätz­li­che Spei­cher­um­la­ge auf alle SLP‑, RLM- und phy­si­schen Aus­spei­se­men­gen an Grenz­über­gangs­punk­ten sowie vir­tu­el­len Kopp­lungs­punk­ten erho­ben. Die Höhe ist noch unbe­kannt, sie dient zur Finan­zie­rung der Ein­hal­tung von Füll­stands­vor­ga­ben für Gas­spei­cher­an­la­gen und damit der Gewähr­leis­tung der Ver­sor­gungs­si­cher­heit nach dem EnWG Teil 3a. Da der Wett­be­werb auf dem Gas­markt der­zeit sehr gering aus­fällt, bleibt End­kun­den nur, den Appel­len der Poli­tik zu fol­gen: Ener­gie­spa­ren ist das Gebot der Stunde.

Metho­dik: Ver­gli­chen wur­den die Grund­ver­sor­gungs­ta­ri­fe vom Janu­ar 2021 mit denen aus dem August 2022. Dabei wur­den nur Bestands­kun­den­prei­se betrach­tet, kei­ne Neu­kun­den­prei­se. Alle Preis­an­ga­ben ver­ste­hen sich net­to. Der durch­schnitt­li­che spe­zi­fi­sche Arbeits­preis der Grund­ver­sor­gung wur­de nach Zahl der ver­sorg­ten Post­leit­zahl-Ort-Kom­bi­na­tio­nen (syn­onym Postor­te“) gewich­tet. Betrach­tet wur­de nur das Haupt­netz in einem Post­ort. Die Jah­res­kos­ten set­zen sich zusam­men aus dem Arbeits­preis für einen Fami­li­en­haus­halt mit 20.0000 kWh Ver­brauch und den jähr­li­chen Grund­prei­sen. Vor­aus­ge­setzt wur­de ein G2,5‑Zähler. Wei­ße Flä­chen kenn­zeich­nen Gebie­te ohne Gas­ver­sor­gung oder zwi­schen­zeit­li­che Ände­run­gen in der Regionalstruktur.

Ihr Ansprechpartner

Newsletter

Bleiben Sie mit unseren Newslettern auf dem aktuellsten Stand.

Newsletter abonnieren

Go to top of page