Laut Monitoringbericht der Bundesnetzagentur verbrauchten grundversorgte Haushalte in Deutschland 2021 im statistischen Mittel 1.955 kWh Strom und 23.269 kWh Gas pro Jahr. Für eine praxisnahe Betrachtung lohnt daher die Auswertung der neuen Preise anhand der Abnahmefälle eines Familienhaushalts mit einem Jahresbedarf von 2.000 kWh Strom und 23.000 kWh Gas. Für Endkunden erfreulich: In beiden Energiesparten sinken die neu veröffentlichten Preise im nach Versorgungsgebiet gewichteten Durchschnitt grundsätzlich. Die dramatische Lage auf Beschaffungsseite scheint sich somit etwas entspannt zu haben. Dennoch verharren die Preise auf hohem Niveau.
Im Strom sinken die durchschnittlichen Jahreskosten für den betrachteten Musterhaushalt um ‑10,5 Prozent auf 821,17 Euro. Aktuell werden in den betroffenen 4.966 Postleitzahl-Ort-Kombinationen im Schnitt noch 917,75 Euro fällig. Trotzdem übersteigen im Jahr 2024 Tarife in 794 Postorten noch immer die Strompreisbremse auf den Arbeitspreis in Höhe von 40 ct/kWh brutto. Das sind allerdings deutlich weniger als im aktuellen Jahr mit noch 4.667. Die Preisspreizung der Tarife beträgt indes vergleichsweise geringe 99,8 Prozent.
Auch im Gas sind zahlreiche Preisreduzierungen zu beobachten. In 4.844 Postorten mit neuen Tarifpreisen sinkt der gewichtete Durchschnitt um ‑13,5 Prozent von 2.917,95 auf 2.522,73 Euro. Die Preisspreizung zwischen dem günstigsten und dem teuersten Tarif beträgt dabei 128,2 Prozent. Am allgemein hohen Preisniveau ändert dies indes wenig. In 2.578 Postorten verharren die Arbeitspreise 2024 oberhalb der Preisbremse von brutto 12 Cent (aktuell: 2.793).
Starke Veränderungen bei den Strom-Grundversorgungstarifen
Ein Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 2.000 kWh kann in Weimar mit dem Tarif „Grundversorgung“ der dortigen Stadtwerke mit einer Entlastung von ‑50,7 Prozent rechnen, obwohl die Netzentgelte 2024 steigen (+14 %). Beliefen sich die Kosten hier im Jahre 2023 noch auf 1.508,02 Euro, können Verbraucher im Jahr 2024 mit Kosten in Höhe von nur noch 743,60 Euro rechnen. Weitere große Entlastungen erfahren auch die Verbraucher in 88416 Erlenmoos. Die Kosten im Jahr 2024 werden sich bei den Gebr. Miller auf 748,60 statt der bisherigen 1464,40 Euro belaufen, (-48,9 %). Ähnlich entspannt sich das Preisniveau bei den Gebr. Heinzelmann, in 77709 Wolfach werden die Verbraucher demnach im kommenden Jahr mit einer Veränderung von ‑47,4 Prozent nur noch 772,40 Euro für ihren Strom zahlen, anstatt der im aktuellen Jahr veranschlagten 1632,04 Euro. Auch hier kann somit trotz steigender Netzentgelte mit Entlastungen im Grundversorgungstarif gerechnet werden.
Prozentuale Veränderung in der Strom-Grundversorgung zum Januar 2024
Abnahmefall: Familienhaus, SLP, 2.000 kWh/Jahr
Die größte Preissteigerung wird es in 67373 Dudenhofen geben. Da sich die Gemeindewerke Dudenhofen 2023 auf einem sehr niedrigen Preisniveau befinden (511,70 EUR), bleiben die Preise trotz einer Erhöhung von +42,4 Prozent mit 728,40 Euro noch moderat. Mit großem Abstand und einer Veränderung von +29,4 Prozent folgt 96237 Ebersdorf. Im nächsten Jahr werden sich die Gesamtkosten bei den dortigen Gemeindewerken auf 824,88 Euro belaufen. In einem ähnlichen Segment liegen die Stadtwerke Suhl/Zella-Mehlis, hier steigen die Gesamtkosten von 710,24 auf 855,80 Euro (+20,5 %). In diesen Postorten erhöhen sich die Netzentgelte im jeweils eigenen Netz geringfügig (+0,21 ct/kWh in Dudenhofen und +0,84 ct/kWh in Ebersdorf).
Den günstigsten neuen Grundversorgungstarif wird es 2024 in 84140 Gangkofen geben. Die angestammten Gemeindewerke kalkulieren für unseren Musterhaushalt Ausgaben in Höhe von 561,57 Euro und werden damit ‑12,5 Prozent günstiger im Vergleich zu 2023 (641,57 EUR). Die Preissteigerung bei den Netzentgelten (+2,08 ct/kWh) wirken sich somit offenbar nicht auf den Endverbraucherpreis aus. Ähnlich verhält es sich bei den Stadtwerken Plattling, die statt der im Vorjahr in Rechnung gestellten 645,61 Euro für das Jahr 2024 nur noch 605,53 Euro (-6,21 %) erheben. Die Erhöhung der Netzentgelte (+1,25 ct/kWh) wirkt sich auch hier anscheinend nicht aus. Zu nennen sind außerdem die Stadtwerke Eisenhüttenstadt, die für das kommende Jahr 635,13 Euro berechnen. Eine satte Veränderung von ‑41,5 Prozent zum laufenden Jahr (1.084,88 EUR), trotz im Grunde nicht nennenswert steigender Netzentgelte (+0,29 ct/kWh). Während aktuell der Grundversorgungstarif 19,41 Cent (brutto) oberhalb der Strompreisbremse verortet ist, wird dies im nächsten Jahr nicht mehr der Fall sein. Dann beträgt der Bruttoarbeitspreis 32,65 ct/kWh.
Am teuersten wird der Strom für einen durchschnittlichen Haushalt im bayrischen Haßfurt. Statt der bisherigen 1.150,86 Euro wird im Tarif „haStrom Base“ mit 1.121,88 Euro künftig etwas weniger (-2,5 %) berechnet, obwohl sich die Netzentgelte hier erhöhen werden (+22,3 %). Knapp dahinter liegen die Stadtwerke Quedlinburg mit zukünftigen Gesamtkosten von 1.106,40 Euro (2023: 1.284,38 EUR) und die Stadtwerke Pappenheim mit ihrem Tarif „Grundversorgung“ und 1.103,92 Euro statt der bisherigen Kosten in Höhe von 1.258,52 Euro.
Hohes Preisniveau bietet weiterhin attraktives Vertriebspotenzial
Auch im Gas zeichnen sich deutliche Entlastungen ab, wenn auch anhaltend auf einem insgesamt hohen Preisniveau. In 4.700 Postleitzahl-Ort-Kombinationen, in denen ab dem 1. Januar 2024 ein neuer Grundversorgungspreis gilt, sinken die Kosten für die Belieferung. Darunter finden sich 1.916 Postorte mit Senkungen von mehr als ‑10 Prozent. In nur 144 Postorten steigen die Gesamtkosten mit den neuen Preisstellungen, in 98 davon um mehr als +10 Prozent.
Die eindeutigste Preissenkung lässt sich bei den Stadtwerken Aschersleben in Sachsen-Anhalt beobachten. Hier sinken die jährlichen Kosten für 23.000 kWh um ‑56,2 Prozent von 5.160 auf 2.261 Euro. Nur zum Teil lässt sich dies durch die um ‑12,2 Prozent gesunkenen Netzentgelte im Netz der ASCANETZ erklären. Auch im Stammgebiet der niedersächsischen Stadtwerke Königslutter wird der Preis ähnlich stark um ‑55,1 Prozent von 5.382,40 auf 2.415,40 Euro reduziert, während die Entgelte im eigenen Netz um ‑2,4 Prozent sinken. Grundversorgte Gaskunden der thüringischen Stadtwerke Neustadt an der Orla profitieren 2024 von einer starken Preissenkung um ‑53,8 Prozent auf 2.455,70 Euro (aktuell 5.318,60 Euro). Da auch hier die Entgelte im eigenen Netz nur um ‑3,2 Prozent sinken, müssen alle genannten Stadtwerke zusätzlich wirksame Beschaffungsvorteile realisiert haben.
Prozentuale Veränderung in der Gas-Grundversorgung zum Januar 2024
Abnahmefall: Familienhaus, SLP, 23.000 kWh/Jahr, 11 kW Leistung
Gleichzeitig heben einzelne Versorger die Preise ihrer Tarife deutlich an. Die Versorgungsbetriebe Bordesholm in Schleswig-Holstein erheben mit 2.800,65 Euro +47,7 Prozent mehr als im laufenden Jahr (1.896,06 Euro). Die um +1,68 Prozent steigenden Entgelte im eigenen Netz erklären dies nicht. Auch in Nordrhein-Westfalen werden Kunden der Stadtwerke Lage um +22,6 Prozent höher belastet. Die jährlichen Kosten steigen von 2.447,24 auf 2.999,24 Euro, während sich die Netzentgelte im stadtwerkeeigenen Netz um +8 Prozent erhöhen. Im Netz der Stadtwerke Buxtehude dagegen sinken die Netzentgelte um ‑3,4 Prozent, dennoch wird der Grundversorgungstarif um +20,8 Prozent von 2.011,70 auf 2.430,30 Euro angehoben. Besonders hier dürften sich für Wettbewerber attraktive Vertriebschancen auftun.
Der günstigste Tarif unter den zum 1. Januar veröffentlichten Grundversorgungsprodukte findet sich trotz leicht steigender Netzentgelte (+0,9 %) bei der E.ON Energie Deutschland im Netz der e‑werk Sachsenwald in Schleswig-Holstein. Die jährlichen Kosten bleiben nahezu unverändert bei 1.944,70 Euro. Der Bruttoarbeitspreis von 9,27 ct/kWh liegt damit weiter deutlich unter dem Grenzwert der Preisbremse. Auch Kunden der Stadtwerke Zirndorf in Bayern zahlen nach einer Reduzierung um ‑38,4 Prozent ab Januar vergleichsweise moderate 2.062,32 statt der bisher 3.345,72 Euro. Gaskunden der Stadtwerke Bielefeld (NRW) werden ebenfalls entlastet und zahlen in der Grundversorgung künftig 2.087,95 statt 2.837,75 Euro (-26,4 %).
Am unteren Ende des Preisrankings finden sich die Stadtwerke Quedlinburg in Sachsen-Anhalt. Hier werden trotz einer Reduzierung um ‑23,7 Prozent immer noch jährliche Kosten von 4.438,13 Euro fällig (aktuell 5.817,44 Euro). Auch das bayerische Stadtwerk Haßfurt erhebt mit 4.431,68 Euro Preise, die weit über das Niveau der Preisbremse hinausgehen (+11,9 %). Hier kostet eine Kilowattstunde im Tarif „haGas Base“ 21,68 Cent. Die Stadtwerke Landstuhl in Rheinland-Pfalz senken dagegen ihren Grundversorgungstarif um ‑15,5 Prozent auf 4.034,30 Euro, obwohl die Entgelte im eigenen Netz um +7,4 Prozent steigen. Dennoch dürfte auch dieser Gesamtpreis nicht mit Sonderprodukten konkurrieren können, sodass sich hier attraktive Vertriebspotenziale für wettbewerbliche Versorger bieten.
Es zeigen sich also vordergründig deutliche Entlastungen in beiden Energiesparten. Nach dem Energiepreisschock der vergangenen beiden Jahre scheinen zunehmend auch in der Grundversorgung sinkende Beschaffungspreise auf die Tarifgestaltung einzuwirken. Dennoch bleiben die Preise vergleichsweise hoch, das Vorkrisenniveau scheint noch lange nicht in Sicht. Für Verbraucher sind das nicht durchweg gute Neuigkeiten, doch für Energievertriebe mit günstiger Einkaufsstrategie bieten sich dadurch wertvolle Wettbewerbspotenziale.
Methodik: Datenstand 20.11.2023. Betrachtet wurden Grundversorgungstarife, die zum 1. Januar 2024 angepasst wurden. Alle Angaben netto, sofern nicht anders angegeben. Durchschnittswerte wurden nach Größe der Versorgungsgebiete (abgedeckte Postleitzahl-Ort-Kombinationen) gewichtet.
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