Da die Kosten auf die nachgelagerten Netzebenen gewälzt werden, ließen allein schon diese Ankündigungen deutliche Aufwärtsbewegungen in den Entgelten der Verteilnetzbetreiber erwarten. Eine erste Auswertung der bereits veröffentlichten vorläufigen Entgelte für das Jahr 2017 bestätigt diesen Trend deutlich. In die Betrachtung fließen alle bis zum 15. Oktober bekannten Preise ein, die bereits die Netze in 81 Prozent der bundesdeutschen Postorte abdecken.
Auffällig ist, dass die zusätzliche Belastung durch Stromtransportkosten im Schnitt umso höher ausfällt, je höher der zugrundeliegende Verbrauch ist – mit Ausnahme leistungsgemessener Kunden in der Niederspannung, deren Steigerung mit kleineren SLP-Abnehmern vergleichbar ist. So wird im bundesdeutschen, nach Größe der Verteilnetze gewichteten Schnitt ein Single-Haushalt mit 1.500 kWh Jahresverbrauch mit um 7,4 Prozent auf 162,09 Euro (+11,20 Euro) steigenden Gebühren belastet, bei einem Familienhaushalt (4.000 kWh) verteuern sich die Entgelte sogar um 10,5 Prozent (+31,21 Euro) auf 328,37 Euro. Die stärkste Steigerung für SLP-Kunden lässt sich bei einem gewerblichen Abnehmer mit einem Jahresbedarf von 40.000 kWh beobachten, hier steigen die Durchleitungsgebühren durchschnittlich um 13,7 Prozent. Mit 2.722,76 Euro werden hier 319,26 Euro mehr als 2016 fällig.
Ein leistungsgemessener gewerblicher Abnehmer mit 100.000 kWh jährlicher Stromabnahme muss sich dagegen auf 10,2 bis 10,7 Prozent (+609,09 auf 6.418,21 Euro bzw. +710,89 auf 7.185,08 Euro) höhere Entgelte einstellen, abhängig von der Benutzungsdauer über oder unter 2.500 Stunden. Derzeitiger Spitzenreiter bei den Preissteigerungen ist ein gewerblicher Abnehmer in der Mittelspannung, der abhängig von den Benutzungsstunden 16,7 bis 16,9 Prozent Mehrkosten (+3.003,28 auf 20.376,10 Euro bzw. +3.306,63 auf 22.194,09 Euro) für die Durchleitung von 400.000 kWh Strom begleichen muss.
Wenig überraschend finden sich die stärksten Erhöhungen in den Regelzonen von TenneT und 50Hertz. Gemessen am Abnahmefall Gewerbe/SLP mit 40.000 kWh Jahresverbrauch steigen die durchschnittlichen Entgelte am deutlichsten in Bayern (+31,2 % auf 2.455,09 Euro), Sachsen-Anhalt (+26 % auf 2.753,96 Euro), Brandenburg (+24,2 % auf 3.966,75 Euro) und Mecklenburg-Vorpommern (+20,5 % auf 3.892,82 Euro). Somit sind es wieder vornehmlich ostdeutsche Bundesländer, die sich auf erhebliche Mehrbelastungen bei einem ohnehin hohen Preisniveau einstellen müssen. So zahlt ein Brandenburger Unternehmen im nächsten Jahr 150 Prozent höhere Netzentgelte als eines in Bremen (1.586,42 Euro).
Die höchste Steigerung erwartet Gewerbekunden 2017 im Verteilnetz der Bayernwerk AG. Die Gebühren werden dort um 44,2 Prozent auf 2.557,60 Euro bzw. 6,39 ct/kWh steigen. Nur die Versorgungsbetriebe Waldbüttelbrunn erhöhen mit 44,3 Prozent noch minimal mehr. Auch in Netzbereichen der Avacon AG in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt (+26,7 % auf 2.753,12 Euro) und der E.DIS AG (+25,5 % auf 4.022,04 Euro) wird der Stromtransport teurer. Deren Netzbereich in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern stellt nach derzeitigem Veröffentlichungsstand 2017 das teuerste Gebiet dar. Insgesamt steigen in 3.497 Postleitzahl-Ort-Kombinationen die Durchleitungsgebühren um mehr als 20 Prozent. Am günstigsten wird der Strombezug dagegen netzseitig in Augsburg im Netzbereich der swa Netze sein, dort sinken die Entgelte um rund 11 Prozent auf 1.320,59 Euro bzw. 3,30 ct/kWh.
Ob hier die Eigenkapitalzins-Entscheidung der Bundesnetzagentur, anstehende Änderungen in der Anreizregulierung oder ausschließlich gewälzte ÜNB-Entgelte als oft zitierte Kosten der Energiewende eingepreist werden, bleibt das Geschäftsgeheimnis der jeweiligen Verteilnetzbetreiber. Sicher ist jedoch, dass sich aktuell die größte Preiserhöhungswelle seit Beginn der Strommarktliberalisierung abzeichnet.
Da sämtliche Entgelte noch mit dem Status „vorläufig“ veröffentlicht wurden, könnten sich zum Jahreswechsel noch weitere Änderungen ergeben. Besonders in den genannten Regelzonen dürften diese aber kaum Preissenkungen bedeuten. Vor einer schwierigen Aufgabe stehen somit nun Stromvertriebe, eine Anpassungswelle zum Jahreswechsel erscheint unumgänglich. Auch bei erheblichen Beschaffungsvorteilen durch sinkende Börsenpreise dürften sich weder die bereits bekanntgegebene Erhöhung der EEG-Umlage um 8,3 Prozent noch die teils drastisch steigenden Netzentgelte ohne Preisänderungen kompensieren lassen.
Methodik: Alle Preise verstehen sich netto. Die Durchschnittswerte der Netzentgelte wurden nach Netzgröße (Zahl der belieferten Postorte) gewichtet. In der Berechnung wurden nur Netzbetreiber berücksichtigt, die bereits ein vorläufiges Entgelt für 2017 bekannt gegeben haben. Der spezifische Kilowattstundenpreis setzt sich zusammen aus den Netzkosten (Arbeitspreis + auf die Jahresarbeit umgelegter Grundpreis) und den Kosten für die Messung (ebenfalls auf die Jahresarbeit umgelegt).